Das OLG Schleswig (Beschluss vom 03.05.2021, Az. 6 W 5/21) hatte Gelegenheit, sich mit der durch das Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs zum 02.12.2020 in Kraft getretenen Vorschrift des § 13a Abs. 2 UWG zu befassen, die lautet:
„Die Vereinbarung einer Vertragsstrafe nach Absatz 1 ist für Anspruchsberechtigte nach § 8 Absatz 3 Nummer 1 bei einer erstmaligen Abmahnung bei Verstößen nach § 13 Absatz 4 ausgeschlossen, wenn der Abgemahnte in der Regel weniger als 100 Mitarbeiter beschäftigt.“
Aus der in Bezug genommenen Vorschrift des § 13 Abs. 4 UWG ergibt sich, dass die Ausnahme, wonach eine nicht strafbewehrte Erklärung genügt, für Fälle von Abmahnungen „im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien begangenen Verstößen gegen gesetzliche Informations- und Kennzeichnungspflichten“ gilt.
Im zugrundeliegenden Fall ging es um eine Mitbewerber-Abmahnung im Bereich des Handels mit Drogeriewaren. Der eine Händler (Antragsteller im späteren einstweiligen Verfügungsverfahren) hatte den anderen Händler (Antragsgegner im späteren einstweiligen Verfügungsverfahren) wegen folgender Wettbewerbsverstöße abgemahnt: unvollständige Belehrung über das Verbraucher-Widerrufsrecht, fehlende Grundpreisangabe sowie unterbliebene Registrierung bei der Zentrale Stelle Verpackungsregister (Datenbank LUCID). Wegen des Verstoßes gegen das VerpackG gab der Antragsgegner eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab. Wegen der fehlerhaften Widerrufsbelehrung und der fehlenden Grundpreisangabe erfolgte die Unterlassungserklärung unter Hinweis auf § 13a Abs. 1, 2 UWG allerdings ohne Vertragsstrafeversprechen. Der Antragsteller stellte Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung bezüglich der Verstöße, in denen die strafbewehrte Unterwerfung abgelehnt wurde. Er begründete dies damit, dass der Unterlassungsanspruch fortbestehe. Denn nach der bislang ständigen Rechtsprechung entfalle die für den Anspruch erforderliche Wiederholungsgefahr nur durch die Abgabe einer mit einem Vertragstrafeversprechen verbundenen Erklärung. Aus Art. 13 der UGP-Richtlinie der EU ergebe sich, dass schon der erste Verstoß gegen die Regeln des unlauteren Wettbewerbs mit einer wirksamen und abschreckenden Sanktion belegt werden müsse. Wegen der Abschaffung des Aufwendungsersatzanspruchs sei es unerlässlich, dem Mitbewerber zur Sanktionierung von Folgeverstößen die Klagebefugnis an die Hand zu geben. Das LG Lübeck (Beschluss vom 09.02.2021, Az. 13 HKO 3/21) hatte den Verfügungsantrag zurückgewiesen. Es begründete dies damit, dass nach der UWG-Novelle nun in den nach § 13a Abs. 2, 13 Abs. 4 UWG relevanten Fälle auch die nicht strafbewehrte Unterlassungserklärung als geeignet angesehen werden müsse, die Wiederholungsgefahr zu beseitigen. Der Antragsteller legte gegen die Zurückweisung des Verfügungsantrags sofortige Beschwerde ein, der das LG nicht abhalf. Das OLG Schleswig bestätigte die Sichtweise des LG Lübeck. Der Gesetzgeber habe das Recht der Abmahnung und Unterwerfung einer „vorsichtigen Umgestaltung unterworfen“. Anderenfalls könnte der Mitbewerber den Unterlassungsschuldner trotz abgegebener Unterlassungserklärung – wie im vorliegenden Fall – gerichtlich in Anspruch nehmen. Dies würde zum einen dazu führen, dass die Entlastung der Gerichte durch das System aus Abmahnung und Unterlassungserklärung in einer Vielzahl von Fällen abgeschafft wäre. Zum anderen würde dies in letzter Konsequenz für den Abgemahnten dazu führen, dass seine Belastung mit einer Vertragsstrafe durch eine solche mit Gebühren ersetzt werden würde. Für eine solche Intention des Gesetzgebers geben Wortlaut und Begründung nichts her. Einen Verstoß gegen die UGP-Richtlinie verneinte das OLG Schleswig. Der Mitbewerber sei bei der Durchsetzung seiner Ansprüche nicht entscheidend gehindert. Eine nicht strafbewehrte Unterlassungserklärung führe jedenfalls zu einem vertraglichen Unterlassungsanspruch. Bei erneutem Verstoß entfalle die Privilegierung des § 13a Abs. 2 UWG. Wie der Fall abgelaufen ist, habe der Antragsgegner sich auch hinreichend beeindruckt gezeigt, insbesondere die Wettbewerbsverstöße beseitigt und den Aufwendungsersatz (§ 13 Abs. 3 UWG) an den Antragsteller gezahlt, diesen allerdings nur in Höhe von 1/3 des geltend gemachten Anspruchs auf Erstattung der vorgerichtlichen Anwaltskosten. Bezüglich der beiden Verstöße, für die kein Vertragstrafeversprechen abgegeben werden musste, ergab sich gemäß § 13 Abs. 4 Nr. 1 UWG auch kein Kostenerstattungsanspruch.
Soweit Unternehmer wegen im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien begangenen Verstößen bezüglich Informations- oder Kennzeichnungspflichten erstmalig abgemahnt werden sollten, empfiehlt sich eine Beratung, ob eine Unterlassungserklärung mit Strafversprechen überhaupt geschuldet ist. Der Vorteil einer nicht strafbewehrten Erklärung liegt darin, dass im Falle eines erneuten Verstoßes (noch) keine Vertragsstrafe anfällt.