Gesetzgebung

Zur Zuständigkeit der Einigungsstelle (§ 15 UWG) bei Vertragsstrafenfällen

Das Einigungsstellenverfahren ist in § 15 UWG geregelt. Durch das „Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs“ vom 26.11.2020 (BGBl. 2020 S. 2568) ist bezüglich der Vertragsstrafenforderungen mit Wirkung zum 02.12.2020 folgende neue Regelung in § 13a Abs. 5 UWG eingefügt worden:

„Ist lediglich eine Vertragsstrafe vereinbart, deren Höhe noch nicht beziffert wurde, kann der Abgemahnte bei Uneinigkeit über die Höhe auch ohne Zustimmung des Abmahnenden eine Einigungsstelle nach § 15 anrufen. Das Gleiche gilt, wenn der Abgemahnte nach Absatz 4 nur eine Vertragsstrafe in angemessener Höhe schuldet. Ist ein Verfahren vor der Einigungsstelle anhängig, so ist eine erst nach Anrufung der Einigungsstelle erhobene Klage nicht zulässig.“

Damit ist zum einen die Unklarheit beseitigt worden, ob es sich bei den Vertragsstrafenforderungen um Fälle handelt, die in den Zuständigkeitsbereich der Einigungsstellen fallen. Zum anderen ist nach der Neuregelung eine Klageerhebung bei Vertragsstrafenstreitigkeiten generell nicht zulässig, solange ein Verfahren vor der Einigungsstelle anhängig ist.

In der seit dem 02.12.2020 geltenden Überleitungsvorschrift des § 15a Abs. 2 UWG ist ausgeführt:

„Die §§ 13 und 13a Absatz 2 und 3 sind nicht anzuwenden auf Abmahnungen, die vor dem 2. Dezember 2020 bereits zugegangen sind.“

Die neue Vorschrift zur Sperrwirkung des Einigungsstellenverfahrens (§ 13a Abs. 5 UWG) ist dort nicht erwähnt. Rechtsstaatlich gesehen, ist es geboten, die Sperrwirkung nicht (rückwirkend) auf Klagen anzuwenden, die vor dem 02.12.2020 bereits eingereicht worden waren. Denn im Zeitpunkt der Klageerhebung gab es den § 13a Abs. 5 UWG nicht und es war bezüglich des Gesetzesvorhabens auch nicht zwangsläufig mit der Verabschiedung dieser Regelung zu rechnen. Sie stand zwar im Regierungsentwurf vom 17.05.2019 (BT Drucksache 232/19). Das gesamte Gesetzgebungsverfahren wurde aber kontrovers beurteilt und in dessen Verlauf gab es erhebliche Änderungen. Würde die zum Zeitpunkt der Klageerhebung geltende Rechtslage nach dem ab 02.12.2020 geltenden Recht beurteilt, läge ein Fall einer problematischen Rückwirkung vor (bei der eine zuvor entstandene und zuvor geltend gemachte Rechtsposition des Klägers nachträglich wieder entwertet würde). Der Begründung des „Gesetzes zur Stärkung des fairen Wettbewerbs“ lässt sich eine solche Interpretation nicht entnehmen und sie würde auch gegen das Rechtsstaatsprinzip und den Vertrauensgrundsatz verstoßen (Art. 2 Abs. 1 iVm 20 Abs. 3 GG; siehe BVerfG, Beschluss vom 17.12.2013, Az. 1 BvL 5/08). Auch das OLG Köln (Urteil vom 26.02.2021, Az. 6 U 85/20) hat – allerdings im Zusammenhang mit dem Kostenerstattungsanspruch, § 13 Abs. 3 UWG n. F.  – darauf hingewiesen, dass das Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs keine Anordnung einer rückwirkenden Geltung enthalte.

15 Abs. 2 UWG regelt die Besetzung, die Anforderungen an die vorsitzende Person und die Beisitzer sowie die Ausschließung und Ablehnung von Mitgliedern der Einigungsstelle. In § 15 Abs. 3 UWG ist geregelt, unter welchen Voraussetzungen der Gegner dem Einigungsstellenverfahren zustimmen muss. Wegen der örtlichen und sachlichen Zuständigkeit wird in § 15 Abs. 4 UWG auf § 14 UWG verwiesen. Die weiteren Absätze 5 bis 11 betreffen das Verfahren, das auf Herbeiführung eines gütlichen Ausgleichs angelegt ist, der z. B. in der Schaffung eines Vergleichstitels (entsprechend § 797a ZPO) bestehen kann. § 15 Abs. 12 UWG sieht eine Sonderregelung für die Länder Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen vor.

Die Ermächtigung der Einigungsstelle, ein Ordnungsgeld festzusetzen, ist in § 15 Abs. 5 S. 2 UWG geregelt:

„Die der Einigungsstelle vorsitzende Person kann das persönliche Erscheinen der Parteien anordnen. Gegen eine unentschuldigt ausbleibende Partei kann die Einigungsstelle ein Ordnungsgeld festsetzen. Gegen die Anordnung des persönlichen Erscheinens und gegen die Festsetzung des Ordnungsgeldes findet die sofortige Beschwerde nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung an das für den Sitz der Einigungsstelle zuständige Landgericht (Kammer für Handelssachen oder, falls es an einer solchen fehlt, Zivilkammer) statt.“

Die Möglichkeit, eine Ordnungsgeldfestsetzung durch das zuständige Landgericht überprüfen zu lassen, weist bereits (auch ohne entsprechende Bezugnahme im UWG) auf die ZPO-Vorschriften als Prüfungsmaßstab hin. Dieser findet sich konkret in § 141 ZPO (Anordnung des persönlichen Erscheinens). Abs. 3 S. 2 der vorgenannten Norm ermöglicht es der persönlich geladenen Partei, unter bestimmten Voraussetzungen einen Vertreter zu entsenden.