In der Praxis kommt es häufig vor, dass ein Unterlassungsschuldner (Abgemahnter) den von ihm beauftragten Rechtsanwalt anweist, die Unterlassungserklärung als Bevollmächtigter für ihn zu unterzeichnen. Kommt der Anwalt dem nach, so muss der Schuldner dem Abmahner neben der von seinem Anwalt unterzeichneten Unterlassungserklärung auch eine anwaltliche Vollmacht vorlegen (beides im Original), falls der Gläubiger das verlangt (OLG Hamburg in einem Beschluss vom 23.04.2015, Az. 5 W 96/13; LG Ulm, Urteil vom 09.03.2018, Az. 10 O 9/18 KfH). In der vorstehend erwähnten Entscheidung hat das LG Ulm dazu ausgeführt:
„Wenn ein Vertreter für den Vertretenen eine Unterlassungserklärung abgibt, bestehen für den Abmahnenden in einem ggf. nachfolgenden Prozess über die Verwirkung einer Vertragsstrafe Risiken über den Nachweis, dass der Vertreter bevollmächtigt war und daher ein Unterlassungsvertrag wirksam zwischen den in der Unterlassungserklärung aufgeführten Parteien zustande gekommen ist. Wie im Falle einer Abmahnung ohne Vorlage einer Vollmacht der Abmahnende berechtigt ist, den Abgemahnten zur Nachreichung der Vollmacht aufzufordern und dies bei Nichterfüllung zur Folge haben kann, dass in einem nachfolgenden Verfahren gemäß § 93 ZPO dem Abmahnenden die Kosten auferlegt werden (OLG Stuttgart, Beschluss vom 11.06.1999, 2 w 24/99 = NJWE-WettbR 2000, 125), kann auch der Abmahnende vom Abgemahnten eine Vollmacht verlangen. Dem Abgemahnten ist es genauso wie dem Abmahnenden zumutbar, der Bitte um Nachreichung der Vollmacht nachzukommen.
Auch im gerichtlichen Verfahren besteht nach Rüge der Vollmacht die Verpflichtung, eine Vollmacht vorzulegen. Dabei ist eine Begründung, dass berechtigte Zweifel an der Prozessvollmacht bestehen, auch bei anwaltlicher Vertretung nicht erforderlich (§ 88 ZPO). Das zeigt, dass allein die anwaltliche Versicherung, bevollmächtigt zu sein, den Interessen des Abmahnenden an ausreichernder, zumutbarer Absicherung nicht genügt.
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“Die Verweigerung der Vorlage einer Vollmacht widerspricht auch den Treuepflichten aus dem gesetzlichen Schuldverhältnis, das durch die Abmahnung entsteht.“
Der Unterlassungsgläubiger kann nämlich erst aus der vorgelegten Vollmacht erkennen, ob eine wirksame Stellvertretung durch den Anwalt vorliegt. Legt der Schuldner die Vollmacht nicht vor, ist ein gerichtliches Unterlassungsverfahren möglich.
Umgekehrt darf der Abgemahnte seine Unterlassungserklärung aber nicht unter die Bedingung stellen, dass ihm eine Original-Vollmacht des Abmahners übermittelt wird, da diese nicht geschuldet ist, wenn der Abmahner eine Unterlassungserklärungsvorlage übermittelt (OLG Hamburg, Beschluss Urteil vom 06.05.1999, Az. 3 U 196/97; LG Berlin, Beschluss vom 22.07.2016, Az. 15 O 330/16). Die Unterlassungserklärungsvorlage wird nach der Rechtsprechung nicht als einseitiges Rechtsgeschäft im Sinne des § 174 BGB angesehen, sondern als Angebot zum Abschluss eines Unterlassungsvertrages (BGH, Urteil vom 19.05.2010, Az. I ZR 140/08). Legt der Abmahner eine geforderte Vollmacht nicht vor, kann das für ihn allerdings Kostennachteile haben, da der Abgemahnte, wenn er die Vollmacht erst in einem Unterlassungsprozess vorlegt, noch kostenfrei anerkennen kann (OLG Stuttgart, Beschluss vom 11.06.1999, Az. 2 W 24/99).
Wer als Anwalt für seinen Mandanten die Unterlassungserklärung unterschreibt, sollte jedenfalls auf Aufforderung hin seine Originalvollmacht übersenden. Ansonsten droht seinem Mandanten eine Verurteilung in einem Unterlassungsklageverfahren und war die Abgabe der Unterlassungserklärung letztendlich nutzlos. Hat der Anwalt entschieden, die ihm erteilte Vollmacht nicht vorzulegen, kann dies sogar einen Haftungsfall begründen.