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OLG Koblenz: Widerrufsrecht besteht beim Verkauf von Luftbildaufnahmen

Mit dem Verbraucher-Widerrufsrecht und der Frage, ob ein Ausschluss des Rechts nach § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB in Frage kommt, hatte sich das OLG Koblenz (Urteil vom 20.01.2021, Az. 9 U 964/20) zu befassen gehabt. Die Beklagte bot Kunden Luftbildaufnahmen von deren Grundstücken an. Diese hatte sie zuvor ohne deren Kenntnis mittels einer in einem Helikopter befindlichen Kamera gefertigt. Außendienstmitarbeiter der Beklagten versuchten sodann, die jeweiligen Fotos an der Haustüre an die Grundstückseigentümer zu verkaufen. Kunden konnten insofern lediglich noch Vorgaben zu Größe, Ausschnitt oder Papierqualität machen. Die Beklagte wies in ihrer Werbung darauf hin, dass ein Widerrufsrecht nicht bestehe wegen der Individualisierung der Aufnahmen (Zuordnung zu einem bestimmten Grundstück). Das OLG Koblenz sah das anders und bewertete die Angebote ohne (bei Verträgen mit Verbrauchern außerhalb von Geschäftsräumen grundsätzlich notwendiger) Widerrufsbelehrung als wettbewerbswidrig. Das Widerrufsrecht des Verbrauchers sei nur dann nach § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB ausgeschlossen, wenn der Unternehmer durch die Rücknahme auf Bestellung angefertigter Ware entsprechende erhebliche wirtschaftliche Nachteile erleidet, die spezifisch damit zusammenhängen und dadurch entstehen, dass die Ware erst auf Bestellung des Verbrauchers nach dessen besonderen Wünschen angefertigt wurde. Im vorliegenden Fall hatte die Beklagte aber auf ihr eigenes Risiko hin ohne vom Kunden veranlasste Spezifikation Bilder produziert, die sich als wertlos herausstellen, wenn kein Eigentümer eines Grundstücks oder Bewohner eines darauf befindlichen Gebäudes später Kaufinteresse zeigt. Die Individualisierung der Ware hatte die Beklagte im Wesentlichen (abgesehen von unbedeutenden Festlegungen des späteren Formates pp.) also ausschließlich selbst veranlasst und damit auch selbst das Risiko der wirtschaftlichen Wertlosigkeit der hergestellten Bilder übernommen.

In dem Zusammenhang weisen wir auch auf die Entscheidung des LG Oldenburg (Urteil vom 13.11.2018, Az. 15 O 1335/18) hin. Danach besteht ein Widerrufsrecht für Kleider, wenn der Maßschneider sie bereits vor einem Kundenkontakt „besonders zugeschnitten“ hat, sie aber in Standardgrößen anbietet. Ferner sei die Entscheidung des LG Stuttgart (Beschluss vom 27.08.2018, Az. 36 O 53/18 KfH) erwähnt. In diesem Falle ging es um den Vertrieb einer Hausordnung, die mit einem Namen individualisierbar war. Falls der Personalisierungswunsch in einem solchen Fall erst nach Vertragsabschluss geäußert wird, liegt eine nachträgliche Abrede vor, so dass kein Raum für einen Ausschluss des Widerrufsrechts nach § 312 g Abs.2 Nr.1 BGB besteht.