Konkreter Fall
Ein nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 BGB aktivlegitimierter Verband hatte einen Unternehmer wegen Wettbewerbsverstößen abgemahnt. Der anwaltlich vertretene Wettbewerbsstörer gab daraufhin eine Unterlassungserklärung ab, die er unter den Vorbehalt stellte, dass der Verband seine Aktivlegitimation erst nachweisen müsse. Diese angebotene modifizierte Unterlassungserklärung wurde von dem Verband nicht angenommen und es kam zum Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung. Das LG Leipzig (Beschluss vom 15.01.2018, Az. 04 HK O 74/18) erließ den Verfügungsbeschluss antragsgemäß.
Rechtslage
Das LG Leipzig wies darauf hin, dass eine Unterlassungserklärung mit dem Vorbehalt des Nachweises der Aktivlegitimation eine aufschiebende Bedingung enthält. Eine solche Bedingung kann aber die Wiederholungsgefahr nicht beseitigen (siehe dazu BGH, Urteil vom 15.01.1957, Az. I ZR 56/55 = GRUR 1957, 352 – Pertussin II; BGH, Urteil vom 31. 05. 2001, Az. I ZR 82/99 – Weit-Vor-Winter-Schluss-Verkauf). In einem solchen Fall liegt noch gar keine wirksame und damit verbindliche Unterlassungserklärung vor. Es verhält sich nicht anders, als wenn diese wegen bezweifelter Aktivlegitimation gar nicht abgegeben worden wäre. Die Erklärung soll nämlich erst bei Eintritt eines zukünftigen Ereignisses, nämlich dann, wenn dem Wettbewerbsstörer die Nachweise des Verbandes zur Aktivlegitimation ausreichen, wirksam werden.
Fazit
Für einen Anwalt, der die Abgabe einer solchen „Unterlassungserklärung“ angesichts der eindeutigen Rechtslage vorschlägt, bedeutet das grundsätzlich einen Haftungsfall. Als Berater muss man sich überlegen, ob der Unterlassungsanspruch zurückgewiesen werden soll, weil Teile der Aktivlegitimation (sachliche, finanzielle oder personelle Ausstattung) fehlen. Dabei sollte aber auch berücksichtigt werden, dass detailliert und aussichtsreich vorgetragen werden kann und damit Erfolgsaussichten vorliegen. Es bringt wenig, Verbänden, die seit Jahren von den Gerichten als aktivlegitimiert anerkannt werden, mit ein paar pauschalen Vorwürfen „Schwierigkeiten“ bereiten zu wollen, ggf. weil der Mandant es erwartet oder man meint, dem Mandanten damit „nach dem Munde“ reden zu können. Spätestens wenn der Mandant verliert und – wie im Falle des LG Leipzig – eine Menge Geld wegen der im Wettbewerbsrecht hohen Streitwerte zahlen muss, wird sich das Blatt gegen den zu populistisch agierenden Anwalt wenden und der Mandant wird ihm Vorwürfe machen oder ihn haftungsrechtlich zur Verantwortung ziehen.
Rechtsanwalt Dr. Harald Schneider
Fachanwalt für Informationstechnologierecht