Rechtsprechung

OLG Hamburg: Unternehmen muss sich private Äußerungen eines Mitarbeiters auf Facebook nicht zurechnen lassen

In einem bis zum OLG Hamburg (Urteil vom 31.08.2023, Az. 5 U 27/22) geführten Rechtsstreit ging es um die Frage, inwiefern private Äußerungen eines Mitarbeiters auf der Plattform Facebook dem Unternehmen, bei dem er beschäftigt ist, zuzurechnen sind. Dort postete eine Person folgende Aussage:

„Wenn ich den erwische, der Leuten beibringt, man müsse nur genug Leute mit Standard-Nachrichten bei FB, Insta und Linkedin vollspamen und dann wird es Kunden regnen, dem werde ich persönlich seinen Internetanschluss kappen. Das ist ja zur Zeit echt wieder anstrengend … Ich finde es schlichtweg nicht in Ordnung, dass da Menschen Hoffnung gemacht wird, auf diesem Weg viel zu verkaufen.“

Eine andere Person kommentierte dies mit:

„B… hab ich gehört […] angeblich findet man so seine Zielgruppe raus“

Der Mitarbeiter (Herr J.) der Beklagten, die eine digitale Unternehmensberatung betreibt, erwiderte:

„Die B. Brüder haben wegen diesen und einigen anderen Methoden bereits einige Strafverfahren bekommen.“

Die Klägerin zu 1), ebenfalls im Bereich der digitalen Unternehmensberatung tätig, sowie deren Geschäftsführer (Kläger zu 2 und 3) mahnten die Beklagte und Herr J. ab mit der Begründung, die unwahre Aussage des Herrn J. sei der Beklagten nach § 8 Abs. 2 UWG zuzurechnen.

Das OLG Hamburg wies – wie zuvor bereits die erste Instanz – die Unterlassungsklage der Kläger ab mit der Begründung, es habe sich um eine rein private Aussage des Mitarbeiters der Beklagten gehandelt. Aus der bloßen Tatsache, dass Herr J. bei der Beklagten beschäftigt sei, könne keine Zurechnung für das Unternehmen hergeleitet werden:

„Eine geschäftliche Handlung des Herrn J. folgt auch nicht aus dessen wirtschaftlichen Interessen. Zwar stellt es ein maßgebliches Indiz für das Vorliegen einer geschäftlichen Handlung dar, dass ein wirtschaftliches Interesse des Handelnden an einer Beeinflussung der Verbraucherentscheidung besteht. Lässt sich dies nicht nachweisen, kommt es auf den Inhalt der Äußerung und der Begleitumstände an (BGH GRUR-RR 2013, 466, 469 – Bach-Blüten; Köhler in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 41. Aufl., § 2 Rn. 2.54). Ein Indiz für eine geschäftliche Handlung zugunsten eines fremden Unternehmens kann auch darin liegen, dass zu diesem eine geschäftliche Beziehung besteht (vgl. BGH GRUR 2021, 497 Rn. 25 – Zweitmarkt für Lebensversicherungen). Vorliegend hat Herr J. als Mitarbeiter der Beklagten zwar ein mittelbares wirtschaftliches Interesse an einer Beeinflussung von Abnehmerentscheidungen im Bereich der Unternehmensberatung. Bei der vorzunehmenden Gesamtwürdigung (vgl. BGH GRUR 2021, 1400 Rn. 32 – Influencer I) reicht dies aber nicht aus, um von einer geschäftlichen Handlung des Herrn J. auszugehen. Zu berücksichtigen ist auch insoweit, dass die Äußerung des Herrn J. in Reaktion auf die Äußerung eines privaten Facebook-Kontakts erfolgte. Anlass war die Verärgerung des Herrn K. über das „Vollspammen“ mit Standard-Nachrichten, das er, Herr K., „echt wieder anstrengend“ finde, und die Verärgerung von Herrn K. über denjenigen, der so etwas „Leuten beibringt“. Hierbei handelt es sich um eine private Äußerung über bestimmte Geschäftspraktiken, die offenkundig durch den zunehmenden Erhalt von als „Spam“ beurteilten Nachrichten veranlasst war. Ein anderer Diskussionsteilnehmer hat dann den Namen der „B…“ ins Gespräch eingebracht, woraufhin die streitgegenständliche Äußerung von Herrn J. erfolgte. Herr J. hat sich damit, wie ausgeführt, als Privatperson an einer Diskussion über bestimmte Geschäfts- und Werbepraktiken beteiligt und die anderen Beteiligten dabei in ihrer Eigenschaft als Teilnehmer dieser Diskussion und nicht als Abnehmer von Unternehmensberatungs-/Coaching-Leistungen angesprochen, zumal die Klägerin zu 1), wie von der Klägerseite vorgetragen, ausschließlich Verträge mit Unternehmern und Unternehmen schließt. Auch kann nicht festgestellt werden, dass die Äußerung des Herrn J. darauf gerichtet war, die geschäftliche Entscheidung Dritter, die diese Diskussion auf Facebook lesen konnten, zu beeinflussen. Auch wenn das Profil von Herrn K. öffentlich zugänglich gewesen sein sollte, würde in der Gesamtbetrachtung aus dem Umstand, dass der privat veranlasste Kommentar des Herrn J. in einem öffentlich zugänglichen Profil eines Dritten erfolgt ist, eine solche Zweckrichtung nicht folgen.“