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OLG Frankfurt: Auch für umsatzsteuerbefreite Waren muss der Bruttopreis angegeben werden

In einem einstweiligen Verfügungsverfahren, das über zwei Instanzen geführt wurde, ging es um eine Thematik aus dem Preisangabenrecht. Die Parteien sind Mitbewerber im Bereich des Vertriebs von Batteriespeichern für Photovoltaikanlagen. Die Antragsgegnerin präsentiert ihre Produkte über Google Shopping. Dort gab die Antragsgegnerin den Nettopreis ohne Umsatzsteuer an. Bei der Preisangabe befand sich weiterhin ein Link mit dem Text „Befreiung der USt“, gefolgt von einem kleinen „i“ im Kreis. Der Nutzer der auf diesen Link klickte, wurde darüber informiert, dass der Artikel die Voraussetzungen des § 12 Abs. 3 UStG für die Mehrwertsteuerbefreiung erfüllt. Durch Klicken auf einen weiteren Link wurde der Text des § 12 Abs. 3 UStG angezeigt. Die Antragstellerin hielt die Angabe des Nettopreises auch im Falle der Umsatzsteuerbefreiung für gesetzeswidrig und beantragte nach erfolgloser Abmahnung den Erlass einer einstweiligen Verfügung beim LG Gießen. Die Antragstellerin begründete dies damit, Interessenten, für die die Umsatzsteuerbefreiung nicht gelte, würden von einem Bruttopreis und damit von einem Angebot ausgehen, das günstiger erscheine, als es tatsächlich ist. Im Ergebnis dasselbe gelte für Interessenten, für die die Umsatzsteuerbefreiung gelte, da sie von dem angezeigten Preis gedanklich die 19% Umsatzsteuer abzögen. Die erst auf der Angebotsseite im Online-Shop der Antragsgegnerin erfolgenden Informationen zur Umsatzsteuerbefreiung kämen jedenfalls zu spät, da in diesem Verfahrensstadium der Anlockeffekt bereits seine Wirkung erzielt habe. Das LG Gießen wies den Verfügungsantrag mit Beschluss vom 24.03.2023, Az. 8 O 3/23, zurück. Das Gericht meinte, es sei eine Ausnahme von der Pflicht, den Gesamtpreis (incl. USt) anzugeben, zuzulassen. Für eine Vielzahl der Interessenten der Photovoltaikanlagen-Komponenten komme eine Umsatzsteuerbefreiung in Betracht. Für diese sei allein der umsatzsteuerbefreite Preis interessant, da sie nur diesen Preis zahlen müssten.

Gegen den Beschluss des LG Gießen legte die Antragstellerin sofortige Beschwerde beim OLG Frankfurt ein. Dieses sah die Sache anders und erließ die einstweilige Verfügung antragsgemäß (Beschluss vom 05.05.2023, Az. 6 W 28/23). Das Beschwerdegericht sah einen Verstoß gegen die sich aus §§ 3, 2 Nr. 3 PAngV ergebende Pflicht zur Angabe des Gesamtpreises. Die Antragsgegnerin könne sich nicht auf § 12 Abs. 3 UStG zur Rechtfertigung der Angabe von Nettopreisen berufen. Denn § 12 Abs. 3 UStG befreie nicht generell jeden Verbraucher, der das streitgegenständliche Photovoltaik-Produkt bestellt, von der Umsatzsteuer. Diese Norm knüpft an die Zweckbestimmung des Photovoltaik-Produkts an. Dementsprechend könne ein Verbraucher den beworbenen Batteriespeicher für Photovoltaikanlagen nicht automatisch zu dem beworbenen Preis erwerben, sondern erst nachdem er sich auf der Internetseite der Antragsgegnerin ein Dokument heruntergeladen hat, in welchem er das Vorliegen der Voraussetzungen des § 12 Abs. 3 UStG bestätigen und welches er der Antragsgegnerin zusenden muss.

Das weitere Argument der Antragsgegnerin, bei Google Shopping stehe nicht genügend Platz zur Verfügung, um die Besonderheiten dieser Preiskonditionen zu erläutern, wies das Gericht zurück und verwies auf die Ausführungen der Vorinstanz: „Wie das Landgericht in der angegriffenen Entscheidung bereits zutreffend auf Seite 3 ausgeführt hat, darf eine Plattform für eine Werbung mit Preisangaben schlicht nicht verwendet werden, wenn sie keinen Raum für rechtmäßiges Handeln bietet.“