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LG Freiburg im Breisgau – Bei Kordeln, Schnüren u. ä. ist der Grundpreis nach Länge anzugeben

Beim Vertrieb von Juteschnur, Bastelschnur, Bindegarn, Kordel u. ä. an Verbraucher ist darauf zu achten, dass die zutreffende Grundpreis-Mengeneinheit angegeben wird. Dies ist bei den vorgenannten Warenbeispielen die Mengeneinheit „Länge“ (LG Freiburg im Breisgau, Urteil vom 04.05.2021, Az. 12 O 82/20 KfH). Gleiches gilt im Übrigen auch für Nähgarne oder Bänder (LG Berlin, Beschluss vom 24.09.2020, Az. 91 O 80/20). Wolle und Strickgarne hingegen werden nach der Verkehrsanschauung (§ 1 Abs. 7 S. 1 PAngV) mit dem Gewicht angegeben (LG Düsseldorf, Beschluss vom 04.09.2020, Az. 34 O 72/20LG Augsburg, Urteil vom 19.11.2020, Az. 1 HK O 3539/20). Für flächige Textilwaren wie z. B. Teppichböden auf der Rolle, Unkrautvlies auf der Rolle ist die Grundpreis-Mengeneinheit für Fläche zutreffend (LG Darmstadt, Beschluss vom 14.12.2020, Az. 12 O 98/20). Lose verkaufte Badetücher sollen ebenfalls nach Fläche präsentiert werden (Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, 3. Aufl. 2016, S 14, Rn. 182), nach anderer Ansicht und entsprechend häufiger Praxis der Gestaltung von Warenpräsentationen werden diese als Stückwaren gehandelt. Bei Stoffbahnen, Gardinen u. ä., die nach Meter abgemessen präsentiert werden (sog. Meterware) geht der BGH (Beschluss vom 14.11.1980, Az. I ZR 23/79 – Kilopreise; so auch Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, 3. Aufl. 2016, S 14, Rn. 182) davon aus, dass diese Waren nach der Verkehrsauffassung nach Länge anzugeben sind.

In dem vom BGH entschiedenen Fall „Kilopreise“ hatte ein Händler Stoffreste mit einer Kilogramm-Preisliste angeboten. Tatsächlich ließ er sich von seinen Kunden allerdings den Bedarf nach Länge in Metern nennen und rechnete erst dann den bei dieser Längenwahl anfallenden Gewichtspreis ab. Der BGH sah dies als planmäßigen Verstoß gegen § 1 Abs. 7 S. 1 PAngV an. Wenn nicht dieselbe Mengeneinheit verwendet wird, ist einem Verbraucher ein Preisvergleich nicht möglich. Interessant an dieser Entscheidung ist, dass der BGH durchaus einen Markt für Stoffreste annahm, die (tatsächlich nur) nach Gewicht gehandelt werden. Dann handelt es sich aber um Stofffetzen und nicht um Meterware.

Entsprechend falsch wäre es daher auch, für Wolle mit Gewicht über 10 Gramm einen „Grundpreis“ für Länge angegeben. Auch das verstößt gegen § 1 Abs. 7 S. 1 PAngV sowie bei einer Fertigpackung auch gegen § 6 Abs. 1 S. 2 FertigpackV  (Angabe hat der „allgemeinen Verkehrsauffassung zu entsprechen“ = Gewicht). Für entsprechende Verkaufseinheiten ohne Umhüllung kommt es nach § 33 Abs. 5 S. 2 FertigpackV ebenfalls auf die Verkehrsanschauung an.

Falls Wolle oder Strickgarn nach der Verkehrsauffassung nach Gewicht angeboten wird, kann ggf. bei kleinen Mengen das Nenngewicht von 10 Gramm unterschritten werden, so dass dann kein Grundpreis anzugeben ist (§ 9 Abs. 4 Nr. 1 PAngV). Wer dann aber – entgegen der Verkehrsauffassung – nach Länge anbietet und eventuell auch noch einen „unechten“ Grundpreis für Länge (häufig als „Lauflänge“ bezeichnet) angibt, könnte keine Kleinmengen-Ausnahme für sich in Anspruch nehmen. Eine solche existiert zum einen für Länge nicht und im Zweifel wird die Länge auch nicht minimal sein.

Es kann daher nur geraten werden, sich bei der Auswahl der Mengeneinheit an das „Übliche“ (die Verkehrsanschauung) zu halten und sich dazu gründlich zu informieren, um teure Abmahnungen zu vermeiden. Die Differenzierungen sind allerdings zum Teil kompliziert, wie die vorgenannten Beispiele zeigen.

 

Dr. Harald Schneider
RA + FA IT-Recht