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Das elektronische Bürger- und Organisationenpostfach (eBO)

Elektronische Kommunikation mit Gerichten und Behörden

Inhaltsverzeichnis:

I. Das eBO als Baustein des elektronischen Rechtsverkehrs
II. Vorteile des eBO
1. Reduzierter Arbeitsaufwand nach einmaliger Registrierung
2. Einheitlicher Kommunikationskanal
3. Optimierung der Arbeitsprozesse
4. Zukünftige aktive Nutzungspflicht führt zur Stärkung des Datenschutzes
a. Die Möglichkeit, Schriftsätze per Fax einzureichen, wird in absehbarer Zeit entfallen
b. Derzeit noch keine aktive Nutzungspflicht des eBO
III. Fazit


I. Das eBO als Bestandteil des elektronischen Rechtsverkehrs

Das elektronische Bürger- und Organisationenpostfach (eBO) ist ein Element der EGVP-Infrastruktur für den elektronischen Rechtsverkehr (ERV). Hinter dem elektronischen Gerichts- und Verwaltungspostfach EGVP verbirgt sich eine elektronische Kommunikationsinfrastruktur für die verschlüsselte Übertragung von Dokumenten und Akten zwischen authentifizierten Teilnehmern.

Ursprünglich für die Kommunikation von Gerichten untereinander entworfen, konnten ab 2004 authentifizierte Teilnehmer über das EGVP elektronische Dokumente und Akten an Gerichte und Behörden übermitteln, sofern diese bereits an der Nutzung des EGVP teilnahmen. Die Authentifizierung bedurfte dabei einer elektronischen Signatur (§ 126a I BGB), zumeist per Signaturkarte.

Übersicht über die EGVP Infrastruktur

Seitdem wurde die EGVP- Kommunikationsinfrastruktur erheblich erweitert und der Personenkreis derer, die an der Kommunikation mit Gerichten und Behörden teilnehmen stark ausgeweitet. Als weitere Elemente des ERV kamen das

      • besondere elektronische Anwaltspostfach (beA)
        • für Anwälte
        • Passive Nutzungspflicht seit dem 01.01.2018[1]
        • Aktive Nutzungspflicht seit dem 01.01.2022[2]
      • besondere elektronische Notarpostfach (beN)
        • für Notare
        • Passive Nutzungspflicht seit dem 01.01.2018[3]
      • besondere Behördenpostfach (beBPo)
        • für Behörden,
        • Kommunen,
        • Anstalten und Körperschaften öffentlichen Rechts (AöR & KöR)
        • Gerichts und Staatsanwaltschaften als Verwaltungsbehörde
        • Gerichtsvollzieher[4]
        • Aktive Nutzungspflicht seit dem 01.01.2022[5]

hinzu. Ab dem 01.01.2023 folgt das

      • besondere Steuerberaterpostfach (beSt)
        • für Steuerberater
        • Passive Nutzungspflicht ab 01.01.2023
        • Aktive Nutzungspflicht ab dem 01.01.2026

Zwischenzeitlich wurde jedoch ein weiterer, für die breite Allgemeinheit wesentlich interessanterer, Nutzerkreis dem EGVP hinzugefügt, das elektronische Bürger und Organisationenpostfach (eBO) und der Nutzerkreis ist enorm:

Gemäß § 10 Abs. 1 ERVV in der ab 1. Januar 2022 geltenden Fas­sung ist es natürlichen und juristischen Personen sowie sonstige Vereinigungen künftig möglich, über das eBO mit Gerichten, Behörden, Rechtsanwälten, Notaren usw. (dazu noch nachstehend) zu kommunizieren. Dies umfasst Bürger, Unternehmen, Verbände und andere Organisationen. Aber auch besondere Verfahrensbeteiligte kommen in Betracht und erweitern damit den Kreis der professionellen Nutzer des ERV. Dazu gehören z.B. Gerichtsvoll­zieher*innen, Betreuer*innen, Sachverständige oder Dolmetscher*innen. Im Bereich der besonderen Gerichtsbarkeit, wie etwa Arbeits-, Sozial- und Verwaltungsgerichte, gelangen zudem auch spe­zifische Verbände, so zum Beispiel Gewerkschaften, Arbeit­geberverbände, Naturschutzorganisationen oder Sozialver­bände, in den Kreis der Nutzungsberechtigten.

II. Vorteile des eBO

Die Vorteile des eBO lassen dieses als lohnende Investition und Organisationsform für die zukünftige Kommunikation im Rechtsverkehr erscheinen:

1. Reduzierter Arbeitsaufwand nach einmaliger Registrierung

Die zuvor eingangs erwähnte, eingeschränkte Kommunikationsmöglichkeit über das EGVP (seit dem Jahre 2004) bediente sich damals der sog. Bürgerpostfächer, die nicht absenderverifiziert sind. Dadurch ergab sich, dass sämtliche Dokumente mittels einer geeigneten Signaturkarte elektronisch signiert werden mussten. Dieses Erfordernis fällt beim eBO weg. Bei der Einrichtung eines eBO-Postfachs wird einmalig ein Registrierungsprozess durchlaufen, im Verlauf dessen eine Identifizierung des Postfachinhabers stattfindet. Es handelt sich damit um ein absenderverifiziertes Postfach, sodass künftige elektronische Signaturen wegfallen. Der Versand per eBO ersetzt die Schriftform und der Zugang der Sendung ist anhand von Sendeberichten anders als bei gewöhnlichen Poststücken und Emails nachweisbar. Für den Empfang gilt eine Zustellungsfiktion, § 173 IV ZPO.

Es wird seitens der Justiz sogar darum gebeten, auf das Anbringen von Signaturen zu verzichten.

„Wichtiger Hinweis

Wenn Sie ein eBO nutzen, können Sie auf die Anbringung einer qualifizierten elektronischen Signatur an den einzureichenden elektronischen Dokumenten grundsätzlich verzichten. Es genügt die sogenannte einfache elektronische Signatur. Eine einfache Signatur können Sie durch die Aufnahme Ihres Namens, z. B. in die Grußformel am Ende des Dokumentes vornehmen. Weitere technische Geräte sind hierfür nicht erforderlich.“ [6]

Die Kommunikation über das eBO stellt einen sogenannten sicheren Übermittlungsweg zur Justiz dar und ersetzt dabei Ihre Unterschrift. Ihre elektronischen Schreiben müssen Sie nicht mehr zusätzlich unterzeichnen.[7]

Dadurch können Schreiben einfach und nachweislich sowie kostensparend und ökologisch nachhaltig versendet werden.

2. Adressierbarkeit der anderen EGVP-Elemente (beA, beN, beBPo, beSt)

Zwar konnten diese Beteiligten auch bereits zuvor über die eingangs erwähnte „EGVP-Grundstruktur“ zumindest mit den Gerichten kommunizieren. Durch das eBO können die vorgenannten Beteiligten nunmehr jedoch mit den jeweiligen Beteiligten sämtlicher EGVP-Elemente kommunizieren. Es muss dabei nicht mehr individuell geprüft werden, welche Kommunikationswege die einzelnen Institutionen eröffnet haben.

Eine Kommunikation innerhalb des eBO (also zwischen Bürgern und/oder Organisationen) ist hingegen nicht möglich. Dies würde auch nicht mehr den Zweck treffen, die Kommunikation im Rechtsverkehr zu gewährleisten.

3. Optimierung der Arbeitsprozesse

Im Kontrast zu herkömmlichen Zustellungen können Verfahren aufgrund geringer Postlaufzeiten beschleunigt werden. Ferner können die einzelnen Zustellungen über die entsprechende OSCI-Anwendung (Software zum Versand im EGVVP-System) nachgehalten und übersichtlicher verfolgt werden, als es beim klassischen Postversand möglich ist. Darüber hinaus können auch elektronische Empfangsbekenntnisse über das eBO angegeben werden. Schließlich kann mittels des elektronischen Versands auch der Inhalt einer Nachricht bewiesen werden, was bei einem Einschreiben z.B. nicht der Fall wäre (hier ist nur der Zugangsbeweis möglich).

In Kombination mit einer entsprechenden Fachsoftware, die bei den meisten professionellen Verfahrensbeteiligten vorhanden sein dürfte, führt der elektronische Versand zum vollständigen Wegfall der Papierakte und bereitet den Weg zur E-Akte, inkl. vollständiger Aktenhistorie.

Gleichzeitig wird durch den konsequenten Einsatz des E-Government eine Mischstruktur vermieden, wie sie derzeit an vielen Gerichten in einer derartigen Weise praktiziert wird, dass sich die betroffenen Gerichte selbst als „Druckstraße der Nation“ bezeichnen.[8]

4. Zukünftige aktive Nutzungspflicht führt zur Stärkung des Datenschutzes

a. Die Möglichkeit, Schriftsätze per Fax einzureichen, wird in absehbarer Zeit entfallen

Gemäß Art. 5 Abs. 1 lit. f der Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) müssen personenbezogene Daten in einer Weise verarbeitet werden, die eine angemessene Sicherheit der personenbezogenen Daten gewährleistet („Integrität und Vertraulichkeit“).

Die Kommunikation zwischen Faxgeräten basierte ursprünglich auf einem Verbindungsaufbau mittels sogenannter Kanal- bzw. Leitungsvermittlung. Die Verbindung war für die beiden Endstellen reserviert und wurde für die Dauer der Kommunikation exklusiv von diesen Endstellen genutzt. Mittlerweile kommt fast ausschließlich die sogenannte Paketvermittlung als Grundlage der Datenübertragung auch beim Fax zum Einsatz. Dabei werden die zu übertragenden Daten mittels des TCP/IP-Standards auf sogenannte „Pakete“ aufgeteilt und über eine Vielzahl von Verbindungen zwischen mehreren vermittelnden Punkten zwischen den Endstellen übertragen. Die genutzten Verbindungen und Punkte sind dabei anders als früher nicht für die beiden Endstellen reserviert. Es ist denkbar, dass die beteiligten Zwischenpunkte weltweit verteilt sind und von verschiedensten staatlichen oder privaten Akteuren betrieben werden. Diese Akteure haben hierbei grundsätzlich die Möglichkeit, auf die von ihnen vermittelten Pakete Zugriff zu nehmen.

Dies wird insbesondere dann problematisch, wenn die beiden Endstellen die von ihnen versandten Pakete nicht verschlüsseln. Eine solche kommt üblicherweise nicht zum Einsatz.

Daher stellt der absenderverifizierte und Ende zu Ende verschlüsselte Versand eine datenschutzkonforme und somit gleichzeitig zukunftssichere Kommunikationsart dar.

b. Derzeit noch keine aktive Nutzungspflicht des eBO

Gemäß § 173 II ZPO sollen bereits jetzt sonstige in professioneller Eigenschaft am Prozess beteiligte Personen, Vereinigungen und Organisationen, bei denen von einer erhöhten Zuverlässigkeit ausgegangen werden kann, einen sicheren Übermittlungsweg für die elektronische Zustellung eröffnen. Ab 2026 soll für diese Verfahrensbeteiligten sodann die aktive Nutzungspflicht folgen. Spätestens ab 01.01.2026 arbeiten die Gerichte nämlich ausschließlich mit der digitalen Akte (vgl. z. B. § 298a Abs. 1a S. 1 ZPO).

Dementsprechend ist auf jeden Fall größeren und mittleren Unternehmen sowie Organisationen bereits heute anzuraten, die erforderlichen Postfächer einzurichten und die Mitarbeiter im Umgang mit den neuen Arbeitsvorgängen diesen frühzeitig und ausreichend zu schulen. Nicht zuletzt können so heute schon Einspareffekte mitgenommen werden, wie sie vorstehend unter „Vorteile Ziffer 3“ dargestellt worden sind.

III. Fazit

Die Einführung des eBO senkt die Hemmschwelle zur Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs enorm. Das Angebot zur Teilnahme erstreckt sich nunmehr ausdrücklich an fast jeden erdenklichen Nutzer. Durch die einmalige Registrierung und Verifikation entfällt auch die Signaturkomponente, was die Arbeitsabläufe deutlich vereinfacht und effizient macht.

Gerne beraten und unterstützen wir Sie bei der Auswahl einer geeigneten eBO- Organisations- und Versandlösung. Hierzu stehen je nach beabsichtigtem Nutzungs- und Funktionsumfang kleinere oder größere Lösungen bereits, die wahlweise Cloud- oder Clientbasiert sind. Auch leisten wir Hilfestellung bei der Einrichtung der Software bzw. Cloudanwendung sowie bei der Einrichtung des benötigten SAFE-Postfachs, während des damit verbundenen Identifikationsprozesses sowie durch Schulungen und fortlaufenden Support.

 

Toralf Schneider IT


Quellenangabe:

[1] § 31a Abs. 6 BRAO
[2] § 130d ZPO, § 14b FamFG, § 46g ArbGG, § 65d SGG, § 55d VwGO, § 52d FGO und § 32d StPO
[3] § 78n BNotO
[4] § 753 Abs. 5 ZPO
[5] § 130d ZPO, § 14b FamFG, § 46g ArbGG, § 65d SGG, § 52d FGO, § 55d VerwGO
[6] https://justizportal.niedersachsen.de/startseite/burgerservice/elektronischer_rechtsverkehr/elektronischer-rechtsverkehr-202993.html
[7] https://egvp.justiz.de/buerger_organisationen/index.php
[8] beA-Newsletter v. 07/2022 der Bundesrechtsanwaltskammer