Rechtsprechung

BGH: Umfang der Pflicht der Internethändler, über Herstellergarantien zu informieren

Der EuGH (Urteil vom 05.05.2022, Az. C-179/21) hatte zur Informationspflicht bezüglich Herstellergarantien die Rechtslage bereits grundsätzlich geklärt. Dem vorangegangen war ein Vorlagebeschluss des  BGH, Beschluss vom 11.02.2021, Az. I ZR 241/19 – Herstellergarantie III. Nach dem Urteil des EuGH ist nur derjenige Händler verpflichtet, sich die Garantieinformationen des Herstellers zu beschaffen und darüber vollständig zu belehren, der die Garantie zum „zentralen oder entscheidenden Merkmal seines Angebots“ macht. Zu relevanten Gestaltungsformen wird sich die Rechtsprechung neu positionieren müssen. Mit Urteil vom 10.11.2022, Az. I ZR 241/19 – Herstellergarantie IV), hat der BGH nun das Verfahren, in dem die Vorlagefragen gestellt wurden, abgeschlossen und die Grundsätze des EuGH weiter konkretisiert. Den Unternehmer trifft eine vorvertragliche Pflicht zur Information über eine Herstellergarantie für ein im Internet angebotenes Produkt, wenn er die Garantie zu einem zentralen oder entscheidenden Merkmal seines Angebots macht. Erwähnt er in seinem Internetangebot die Herstellergarantie dagegen nur beiläufig, muss er dem Verbraucher keine Informationen hierzu zur Verfügung stellen. Im konkreten Fall hatte ein Unternehmer in seiner Internetwerbung auf ein Produktinformationsblatt des Herstellers verlinkt, in dem ohne Herausstellung eine Herstellergarantie erwähnt wurde.

Der BGH differenziert zwischen zwei verschiedenen Gesetzespflichten. Zum einen ergibt sich fernabsatzrechtlich nach § 312d Abs. 1 Satz 1 BGB, Art. 246a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 12 EGBGB die Verpflichtung, gegebenenfalls über das Bestehen von Garantien zu belehren. Geschieht dies – unter Berücksichtigung der Auslegungsweise des EuGH-Urteils – nicht, so liegt ein Fall der Irreführung durch Unterlassen (§ 5a Abs. 1 UWG bzw. des Vorenthaltens wesentlicher Informationen (§ 5b Abs. 4 UWG) vor. Nach den vorgenannten Grundsätzen (EuGH-Urteil) löst die Verlinkung auf das Produktinformationsblatt insofern noch keine Informationspflicht des Händlers aus:

„Die Herstellergarantie ist auf der Angebotsseite selbst nicht erwähnt worden, sondern fand sich in dem angefügten Produktinformationsblatt des Herstellers. Auf dieses Produktinformationsblatt konnte der Verbraucher nur zugreifen, wenn er den auf der Angebotsseite unter der Zwischenüberschrift „Weitere technische Informationen“ befindlichen, als „Betriebsanleitung“ bezeichneten Link anklickte. Dabei deuteten die Bezeichnungen – wovon auch das Berufungsgericht ausgegangen ist – auf technisch-funktionale Erläuterungen zu dem angebotenen Taschenmesser hin. In dem verlinkten Produktinformationsblatt des Herstellers fand sich die Garantieerklärung sodann erst im Anschluss an Erläuterungen zu den Funktionen und der Pflege des Taschenmessers. Dabei war aufgrund der Bezeichnung als „V. -Garantie“ erkennbar, dass es sich um eine Garantie nicht der Beklagten, sondern des Herstellers handelte. Unter diesen Umständen hat die Beklagte weder die nur beiläufig erwähnte Herstellergarantie in ihrem Angebot als besonderes Verkaufsargument genutzt und die Aufmerksamkeit des Verbrauchers darauf hingelenkt, noch waren Fehlvorstellungen des Verbrauchers über den Garantiegeber zu befürchten.“

Eine weitere Verpflichtung zur Information über Garantien ergibt sich aus dem Verbrauchsgüterkaufvertrag (§ 479 BGB). Wer insofern die rechtlich erforderlichen Informationen nicht erteilt, begehe eine unlautere geschäftliche Handlung (§ 3 UWG) sowie Rechtsbruch (§ 3a UWG). Die Vorschrift des § 479 BGB sei eine Marktverhaltensregelung im Sinne des § 3a UWG. Unter den Begriff der Garantieerklärung im Sinne der § 479 Abs. 1, § 443 Abs. 1 BGB fallen nach Auffassung des BGH allerdings nur Willenserklärungen, die zum Abschluss eines Kaufvertrags (unselbstständige Garantie) oder eines eigenständigen Garantievertrags führen, nicht dagegen die Werbung, die den Verbraucher lediglich zur Bestellung auffordert und in diesem Zusammenhang eine Garantie ankündigt, ohne sie bereits rechtsverbindlich zu versprechen. Eine durch das Internet übermittelte Aufforderung zur Bestellung sei im Zweifel als bloße Einladung zur Abgabe eines Angebots (invitatio ad offerendum) aufzufassen. Insofern ergebe sich für den Hinweis auf die Garantie im Produktinformationsblatt des Herstellers auch aus diesem rechtlichen Gesichtspunkt keine Informationspflicht des Händlers.