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OLG Köln: Unterschiedliche Widerrufsbelehrungen für verschiedene Waren

Eine Onlinehändlerin, die u. a. Kinderbetten und Matratzen vertreibt, war von einem Verein zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs wegen der Verwendung zweier verschiedener Versionen einer Widerrufsbelehrung – im konkreten Fall hatte der Verein dies für eine Matratze beanstandet – abgemahnt worden. Vor Abschluss eines Kaufvertrages über die Matratze musste der Verbraucher durch Setzen eines Häkchens bestätigen, dass er u. a. die Widerrufsbelehrung des Onlinehändlers zur Kenntnis genommen hat. Einsehen konnte er diese durch Klicken auf einen mit „Widerrufsbelehrung“ bezeichneten Link.  Sodann erschienen zwei verschiedene Versionen einer dem amtlichen Muster jeweils entsprechenden Belehrung sowie ein dem amtlichen Muster entsprechendes Widerrufsformular. Die eine Widerrufsbelehrung war überschrieben mit „Widerrufsrecht für den Kauf nicht paketfähiger Waren (Speditionswaren)“ und die andere mit „Widerrufsrecht für den Kauf paketfähiger Waren (Standardware)“. Inhaltlich unterschieden sich die beiden Versionen nur bezüglich der Folgen des Widerrufs, nämlich der Kostentragung bei Rücksendung der Ware(n). Bei Kauf einer Standardware (paketversandfähig) musste der Käufer die Kosten tragen. Bei Speditionsware (nicht paketversandfähig) holte der Online-Händler die Ware(n) auf seine Kosten ab. Der abmahnende Verein sah diese zweigleisige Gestaltung als irreführend an. Der Verbraucher erfahre vor Abschluss des Kaufvertrages nicht, ob es sich um Standard- oder Speditionsware handele und somit wisse er nicht, welche Belehrungsversion später für ihn relevant sei. Da die Händlerin sich nicht unterwarf, klagte der Verein beim LG Aachen (Urteil vom 27.11.2020, Az. 42 O 38/20) auf Unterlassung. Das Gericht wies die Klage ab. Die Berufung des Vereins beim OLG Köln blieb erfolglos.

Das OLG Köln (Urteil vom 23.04.2021, Az. 6 U 149/20) stellte klar, dass sich die Klage vom Streitgegenstand her lediglich mit den Informationen befasst, die durch die Widerrufsbelehrungen erteilt werden und nicht mit der Bestellübersicht, in der eine Klarstellung der Versandart nach Ansicht des Klägers auch hätte erfolgen sollen. Die Gestaltung der Bestellübersicht war aber nicht verfahrensgegenständlich. Der Senat ließ daher offen, wie er dazu geurteilt hätte. Ob die Beklagte für die Matratze überhaupt Versandkosten in ihrer Warenpräsentation und / oder im Warenkorb ausgewiesen hatte, ergibt sich aus dem Berufungsurteil nicht.

Betreffend die Widerrufsbelehrungen sah das OLG Köln weder einen Gesetzesverstoß (§ 3a UWG) noch eine Irreführung durch Unterlassen (§ 5a Abs. 2 und 4 UWG). Zu den wesentlichen Informationen im Zusammenhang mit dem Widerrufsrecht gehören: Recht zum beliebigen Widerrufs, Widerruf gegenüber dem Unternehmer ohne Angabe von Gründen, Name und Anschrift des Widerrufsempfängers, Widerrufsfrist, Beginn der Frist, Wahrung der Frist bereits durch Absendung der Widerrufserklärung sowie wesentliche Rechtsfolgen des Widerrufs. Beide Versionen der Beklagten enthielten diese Informationen. Keine wesentliche Information hingegen sei es, den Kunden zu informieren, welche Belehrungsvariante welcher konkret bestellten Ware zuzuordnen ist. Ob die einzelne Ware so beschaffen ist, dass sie per Postpaket oder per Spedition zurückgeschickt werden kann, sei keine wesentliche Information im Sinne des § 5a UWG für das Widerrufsrecht und ergebe sich auch nicht aus dessen Absatz 4 unter Berücksichtigung der Art. 6 bis 8, 11 der EU-Verbraucherrechte-Richtlinie. Der Verbraucher könne an Hand der Produktinformationen zumindest abschätzen, ob die von ihm bestellte Ware paketversandfähig ist oder nicht. Diese Einordnung hänge im Übrigen auch davon ab, ob der Kunde mehrere Matratzen und / oder ob er die Matratze ggf. zusammen mit dem angebotenen und dazu passenden Kinderbett bestelle.

Die Entscheidung des OLG Köln ist überzeugend. Es drängt sich der Eindruck auf, dass der klagende Verband ggf. etwas ganz anderes beanstanden wollte als die Gestaltung der Widerrufsbelehrungen. Falls – was aus dem Urteilstatbestand leider nicht zu entnehmen ist – die Bestellübersicht (ggf. auch die Warenpräsentation) keine Versandkosten (aus den man erkennen kann, ob für die Ware der Standard- oder Speditionsversand in Frage kommt) ausgewiesen haben sollte, läge ein anderes Problem vor. Gemäß Art. 246a § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 EGBGB sind dem Verbraucher u.a. „alle zusätzlichen Fracht-, Liefer- oder Versandkosten“ mitzuteilen, und zwar vor Abgabe von dessen Vertragserklärung (Art. 246a § 4 Abs. 1 EGBGB). Für Fernabsatzverträge ergibt sich die Verpflichtung zudem aus § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 PAngV. Es handelt sich nach § 5a Abs. 3 Nr. 3 UWG um wesentliche Informationen.

Hinweis: Die von der Händlerin im Falle des OLG Köln gewählte Gestaltung dürfte nur eine von verschiedenen Möglichkeiten sein, zwischen Standard- und Speditionsversand zu differenzieren. Auch eine einzige Widerrufsbelehrung, die entsprechend „zweigleisig“ gestaltet wird, ist denkbar. Die Verwendung zweier verschiedener Widerrufsbelehrungen ist hingegen (wegen der vielfältigen Unterschiede) dann zwingend erforderlich, wenn ein Unternehmer sowohl Waren verkauft also auch Dienstleistungen (z. B. Werkverträge, Dienstleistungsverträge) anbietet.