Ein klagebefugter Verein (Kläger) hatte eine Händlerin (Beklagte), die im Internet eine Stoffwechselkur angeboten und diverse Werbeaussagen im Hinblick auf die Möglichkeit, dadurch Gewicht abzunehmen, getätigt hatte, auf Unterlassung in Anspruch genommen. Das LG Hamburg (Urteil vom 04.09.2018, Az. 406 HKO 25/18) verurteilte die Beklagte zur Unterlassung zahlreicher Werbeaussagen, in denen der Abnehm-Erfolg erwähnt wurde. Verboten wurden u. a. Formulierungen wie „Glückliche Teilnehmer berichten“ oder „Erfolgreich abnahmen – die S.-Stories“ oder „Ich habe meiner Gesundheit ein großes Geschenkt gemacht“ oder „Auf dem Weg zum neuen Ich war S. meine letzte Chance“. Die Berufung der Beklagten wies das OLG Hamburg (Urteil vom 09.02.2021, Az. 3 U 163/18) als unbegründet zurück. Der Unterlassungsanspruch ergebe sich aus §§ 8 Abs. 1, Abs. 3, 3a UWG, 3 Nr. 1 HWG. Mit Verwendung des Begriffs „Kur“ sei der Anwendungsbereich des § 3 HWG eröffnet. Darunter sei ein „unter ärztlicher Aufsicht und Betreuung durchgeführtes Heilverfahren“ zu verstehen. Die jeweils isoliert angegriffenen Werbeaussagen der Beklagten seien irreführend im Sinne des § 3 Nr. 1 HWG. Bei gesundheitsbezogener Werbung seien besonders strenge Anforderungen an die Richtigkeit, Eindeutigkeit und Klarheit der Werbeaussage zu stellen, da mit irreführenden gesundheitsbezogenen Angaben erhebliche Gefahren für das hohe Schutzgut des Einzelnen sowie der Bevölkerung verbunden sein können (BGH, Urteil vom 06.02.2013, Az. I ZR 62/11 – Basisinsulin mit Gewichtsvorteil). Im Interesse des Gesundheitsschutzes der Bevölkerung gilt für Angaben auf dem Gebiet der gesundheitsbezogenen Werbung generell, dass die Werbung nur zulässig ist, wenn sie gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnis entspricht. Der Nachweis, dass eine gesundheitsbezogene Angabe nicht gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnis entspricht, obliege grundsätzlich dem Kläger als Unterlassungsgläubiger. Im vorliegenden Fall war die Beklagte dem Vortrag des Klägers, dass es keinerlei wissenschaftliche Belege für eine solche Wirksamkeit der „S… Stoffwechselkur“ gebe, nicht entgegengetreten. Die Beklagte hatte nicht zu wissenschaftlichen Untersuchungen vorgetragen, die geeignet waren, die Wirksamkeit des von ihr beworbenen Konzepts nachzuweisen, weshalb auch offenbleiben konnte, welche Anforderungen überhaupt an den wissenschaftlichen Nachweis für therapeutische Wirkaussagen zu einer Therapie zur Gewichtsreduktion zu stellen sind. Die Beklagte hatte sich lediglich darauf zurückgezogen, dass der Verkehr keinen wissenschaftlichen Nachweis erwarte. Dies trifft aufgrund des aufgezeigten Gesundheitsbezugs der Aussagen nicht zu. Die Beklagte hatte mehrfach den Eindruck eines medizinischen Hintergrunds ihres Therapiekonzepts erweckt, z. B. indem sie ein „naturmedizinischem Know-how“ und eine „medizinischen Voruntersuchung“ anführte. Auch der mehrfach verwendete Begriff der „dauerhaften Anregung des Stoffwechsels“ verweist nach Auffassung des Senats auf physiologische Wirkungen der Therapie. Der Verkehr erwarte angesichts solcher Angaben, dass die Werbeaussagen nicht nur unfundiert „ins Blaue hinein“ getätigt werden, sondern dass sie wissenschaftlich abgesichert sind.
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