Ein Onlinehändler hatte ein Set von Kabelschutzrohren verschiedener Durchmesser, Materialstärken und Maßen angeboten und keinen Grundpreis für die Länge angegeben. Auf die Abmahnung des nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG aktivlegitimierten Unternehmerverbandes IDO Verband e.V. hin verweigerte er die Abgabe einer Unterlassungserklärung und berief sich auf die Ausnahmevorschrift in § 9 Abs. 4 Nr. 2 PAngV. Der IDO Verband klagte aus Anlass der Beschwerde eines Mitgliedes auf Unterlassung und erhielt vor dem LG Koblenz Recht (Urteil vom 31.01.2017, Az. 1 HK O 93/16).
Im Falle der Werbung für verschieden dimensionierte Kabelschutzrohre im Set hat das LG Koblenz auf die „eng“ auszulegende Ausnahmevorschrift des § 9 Abs. 4 Nr. 2 PAngV hingewiesen und ausgeführt:
„Dass ‚Kabelschutzrohre‘, die nach ihrer Beschaffenheit her Schläuche sind, Waren sind, die nach Länge angeboten werden (s. § 33 Abs. 1 FertigPackV), hat der Beklagte nicht bezweifelt.
Die angebotenen Schläuche unterschieden sich nach Innendurchmesser (zwischen 7 mm und 21 mm) und Außendurchmesser (zwischen 10 mm und 25 mm). Angenommen werden kann, dass deshalb ihre Materialstärken und ihre Massen (nicht: Gewichte) nicht übereinstimmten. Hingegen ist nicht ersichtlich, dass sie unterschiedlich belastbar gewesen seien und ihre Zweckbestimmung nicht einheitlich gewesen sei. Vorgesehener Verwendungszweck war allein der Schutz von Kabeln („Kabelschutzrohr“). Ungeachtet des von der Anzahl und der Stärke der zu schützenden Kabel anhängigen Durchmessers mussten sie stets gleich belastbar sein, um den Schutzzweck erfüllen zu können.
Die Unterschiede bezüglich Durchmesser, Materialstärke und Masse betrafen Eigenschaften des jeweiligen Erzeugnisses „Kabelschutzrohr“. Sie können nicht dazu führen, die Schläuche als verschiedenartige Erzeugnisse im Sinne von § 9 Abs. 4 Nr. 2 PAngV zu beurteilen. Verschiedenartig sind Erzeugnisse nämlich, wenn sie in ihren charakteristischen Merkmalen nicht übereinstimmen und sich dementsprechend in ihrer Anwendung, ihrer Funktion, ihren Wirkungen und/oder ihrem Geschmack nicht unerheblich unterscheiden (OLG Frankfurt/Main, Beschl. v. 15. Juli 2016 – 14 W 87-15 -; Harte/Bavendamm/Henning-Bodewig/Weidert/Völler, UWG, 4. Aufl. 2016, § 9 PAngV Rn. 23; Erbs/Kohlhaas/Ambs, Strafrechtliche Nebengesetze, Stand: Januar 2017, § 9 PAngV Rn. 11). Werden verschiedenartige Erzeugnisse gemeinsam angeboten, handelt es sich um ein ‚zusammengesetzes Angebot‘ (BGH, Urt. v. 28. Juni 2012 – I ZR 110/12 -), das nicht erfordert, den Grundpreis anzugeben, wenn sie nicht miteinander vermischt oder vermengt sind. Hingegen sind Erzeugnisse nicht verschiedenartig, wenn sie sich nur hinsichtlich messbarer Eigenschaften wie jeweils „Gewicht, Volumen, Länge oder Fläche“ (s. § 2 Abs. 1 S. 1 PAngV) unterscheiden. Denn derartige Unterschiede lassen Anwendung, Funktion und Wirkung der Erzeugnisse unverändert.“
Ferner weist das LG Koblenz noch auf Erwägungsgrund 2 S. 1 der Richtlinie 98/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rats vom 16.02.1998 über den Schutz der Verbraucher bei der Angabe der Preise der ihnen angebotenen Erzeugnisse hin. Auch daraus ergebe sich für die vorstehend dargestellte Fallkonstellation das Erfordernis zur Grundpreisangabe, damit der Verbraucher in optimaler und einfacher Weise die Möglichkeit hat, „die Preise von Erzeugnissen zu beurteilen und miteinander zu vergleichen“.