News

EuGH – Informationspflichten zum Widerrufsrecht bei Werbeprospekt mit beigefügter Postkarte

Ein Unternehmen hatte als Zeitschriftenbeilage Werbeprospekte mit beigefügter Bestellkarte versenden lassen. In den Prospekten wies das Unternehmen zwar auf das fernabsatzrechtliche Widerrufsrecht hin, informierte aber nicht im Detail über dessen Bedingungen, die Fristen und das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts sowie Namen, Anschrift, Telefonnummer desjenigen, dem gegenüber der Widerruf zu erklären ist. Auch das Muster-Widerrufsformular fehlte. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hatte in der Berufungsinstanz geurteilt, dass der alleinige Hinweis auf das gesetzliche Widerrufsrecht nicht ausreichend sei, sondern umfassend über das Widerrufsrecht informiert werden müsse (Urteil vom 18.02.2016, Az. I-15 U 54/15). Der BGH setzte das Verfahren aus und legte dem EuGH Fragen zur Notwendigkeit der Widerrufsbelehrung und des Muster-Widerrufsformulars auf Bestellkarten oder Werbeprospekten vor (BGH, Beschluss v. 14.06.2017, Az. I ZR 54/16). Der EuGH (Urteil vom 23.01.2019 Rs. C-430/17) hat die Vorlagefrage wie Folgt beantwortet:

„Die Frage, ob in einem konkreten Fall auf dem Kommunikationsmittel für die Darstellung der Informationen nur begrenzter Raum bzw. begrenzte Zeit zur Verfügung steht im Sinne von Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, ist unter Berücksichtigung sämtlicher technischer Eigenschaften der Werbebotschaft des Unternehmers zu beurteilen. Hierbei hat das nationale Gericht zu prüfen, ob – unter Berücksichtigung des Raumes und der Zeit, die von der Botschaft eingenommen werden, und der Mindestgröße des Schrifttyps, der für einen durchschnittlichen Verbraucher, an den diese Botschaft gerichtet ist, angemessen ist, – alle in Art. 6 Abs. 1 dieser Richtlinie genannten Informationen objektiv in dieser Botschaft dargestellt werden könnten.

Art. 6 Abs. 1 Buchst. h und Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 2011/83 sind dahin auszulegen, dass – falls der Vertrag mittels eines Fernkommunikationsmittels geschlossen wird, auf dem für die Darstellung der Informationen nur begrenzter Raum bzw. begrenzte Zeit zur Verfügung steht, und wenn ein Widerrufsrecht besteht – der Unternehmer über das jeweilige Fernkommunikationsmittel vor dem Abschluss des Vertrags die Information über die Bedingungen, Fristen und Verfahren für die Ausübung dieses Rechts erteilen muss. In einem solchen Fall muss der Unternehmer dem Verbraucher das Muster‑Widerrufsformular gemäß Anhang I Teil B dieser Richtlinie auf andere Weise in klarer und verständlicher Weise zur Verfügung stellen.“

Daraus lässt sich ableiten, dass der beschränkte Platz im Prospekt und auf der Bestellkarte nicht von der Erfüllung der fernabsatzrechtlichen Pflichten befreit, aber Möglichkeiten eröffnet werden, die Informationen auf andere Weise zu erteilen. Wie das im Einzelfall rechtskonform ablaufen kann, hat der EuGH im Detail nicht ausgeführt. Es bleibt abzuwarten, ob und wie der BGH sich nun im Fortgang seines Verfahrens dazu positionieren wird.