Der BGH (Urteil vom 20.10.2021, Az. I ZR 96/20 – Kurventreppenlift) hat nun ein weiteres Mal entschieden, dass Verbraucher über das ihnen zustehende Widerrufsrecht zu informieren sind, wenn sie außerhalb von Geschäftsräumen einen Vertrag über die Lieferung und Montage eines Kurventreppenlifts abschließen, für den eine passende Laufschiene angefertigt und in das Treppenhaus des Kunden eingepasst werden muss. Die Klägerin ist eine Verbraucherzentrale. Die Beklagte vertreibt Treppenlifte mit Schienen, die individuell an die im Treppenhaus zu befahrenden Kurven angepasst werden. Die Beklagte teilt Verbrauchern bezüglich der Kurventreppenlifte mit, dass – außer für ein bestimmtes Modell – kein gesetzliches Widerrufsrecht bestehe. Die Ansicht der Klägerin, dass ein Widerrufsrecht besteht und die Beklagte gegen das Wettbewerbsrecht verstößt, hat der BGH in seiner neuen Entscheidung bestätigt. Bereits zuvor hatte das Gericht (Urteil vom 30.08.2018, Az. VII ZR 243/17) klargestellt, dass § 312g Abs. 1 BGB (Widerrufsrecht und Ausnahmen) nicht durch die Regelung in § 312 Abs. 2 Nr. 3 BGB ausgeschlossen sei, wonach Verträge über erhebliche Umbaumaßnahmen an bestehenden Gebäuden aus dem Anwendungsbereich der Verbraucherverträge grundsätzlich ausgenommen sind (Verbraucherbauvertrag i.S.d. § 650i BGB). Der Einbau einer zusätzlichen Einrichtung im Haus erfülle die Voraussetzungen des Ausnahmetatbestandes in § 312 Abs. 2 Nr. 3 BGB nicht, so dass § 312g Abs. 1 BGB anwendbar sei. Das Widerrufsrecht des Kunden (§ 312g Abs. 1 BGB) ist nach der Auffassung des BGH auch nicht nach § 312g Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB ausgeschlossen. Vorbehaltlich anderweitiger Vereinbarungen besteht nach dieser Norm kein Widerrufsrecht bei Verträgen zur Lieferung von Waren, die nicht vorgefertigt sind und für deren Herstellung eine individuelle Auswahl oder Bestimmung durch den Verbraucher maßgeblich ist oder die eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse des Verbrauchers zugeschnitten sind. Dem Wortlaut nach umfasst § 312g Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB nur Verträge, die auf die Lieferung von Waren gerichtet sind. Damit werden nach dem allgemeinen Sprachgebrach Kaufverträge (§ 433 BGB) und Verträge über die Lieferung herzustellender oder zu erzeugender beweglicher Sachen (Werklieferungsverträge, § 651 BGB) erfasst. Dem Vertragstypus nach handele es sich aber bei der Verpflichtung zur Lieferung und Montage eines Treppenliftes nicht um einen Werklieferungsvertrag, sondern um einen Werkvertrag.
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