In seinem Urteil vom 28.04.2022, Az. C-319/20, hatte sich der EuGH ausführlich mit den Regelungen der Art. 80, 84 DSGVO beschäftigt und nachfolgend entschieden, dass Art. 80 Abs. 2 DSGVO dem nicht entgegenstehe, dass ein Verband zur Wahrung von Verbraucherinteressen gegen dem mutmaßlichen Verletzer des Schutzes personenbezogener Daten ohne entsprechenden Auftrag und unabhängig von der Verletzung konkreter Rechte betroffener Personen Klage mit der Begründung erhebe, dass gegen das Verbot der Vornahme unlauterer Geschäftspraktiken, ein Verbraucherschutzgesetz oder das Verbot der Verwendung unwirksamer Allgemeiner Geschäftsbedingungen verstoßen worden sei, sofern die betreffende Datenverarbeitung die Rechte identifizierter oder identifizierbarer natürlicher Personen aus dieser Verordnung beeinträchtigen könne.
Im Nachgang zu diesem EuGH-Urteil hat der BGH am 29.09.2022 über den Vorgang mündlich verhandelt. Hiernach hat der BGH das Verfahren erneut ausgesetzt und dem EuGH mit Beschluss vom 10.11.2022, Az. I ZR 186/17, folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:
„Wird eine Rechtsverletzung „infolge einer Verarbeitung“ im Sinne von Art. 80 Abs. 2 DSGVO geltend gemacht, wenn ein Verband zur Wahrung von Verbraucherinteressen seine Klage darauf stützt, die Rechte einer betroffenen Person seien verletzt, weil die Informationspflichten gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 1 DSGVO in Verbindung mit Art. 13 Abs. 1 Buchst. c und e DSGVO über den Zweck der Datenverarbeitung und den Empfänger der personenbezogenen Daten nicht erfüllt worden seien?“
Diese – erneute – Vorlage an den EuGH resultierte nach Ansicht des BGH aus den folgenden Umständen: Der Senat war in seinem Vorlagebeschluss vom 28.05.2020 davon ausgegangen, dass sich eine nach deutschem Recht gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG und § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 UKlaG bestehende Klagebefugnis eines Verbandes den die Rechtsbehelfe, die Haftung und Sanktionen regelnden Bestimmungen des Kapitels 8 der DSGVO, insbesondere Art. 80 Abs. 1 und 2 DSGVO oder Art. 84 Abs. 1 DSGVO, nicht entnehmen lasse. Er hatte daher in seinem ersten Vorabentscheidungsersuchen (Beschluss vom 28.05.2020) die Frage vorgelegt, ob die DSGVO in Bezug auf die Klagebefugnis eine abschließende Regelung treffe, die der Anwendbarkeit der §§ 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG und § 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UKlaG entgegenstehe. Nach Ansicht des BGH hat der EuGH diese Frage nicht beantwortet, sondern entschieden, dass sich die Klagebefugnis des Klägers aus Art. 80 Abs. 2 DSGVO ergebe. Nach Ansicht des BGH besteht die in Art. 80 Abs. 2 DSGVO den Mitgliedstaaten eröffnete Möglichkeit, ein Verfahren einer Verbandsklage gegen den mutmaßlichen Verletzer des Schutzes personenbezogener Daten vorzusehen, jedoch nur in der Konstellation, dass der klagende Verband geltend macht, die Rechte einer betroffenen Person gemäß DSGVO seien „infolge einer Verarbeitung“ verletzt worden. Aus Sicht des BGH bedarf es daher einer Klarstellung, ob die Voraussetzungen „infolge einer Verarbeitung“ erfüllt seien, wenn – wie im Streitfall – die sich aus Art. 12 Abs. 1 S. 1, Art. 13 Abs. 1 lit. c) und e) DSGVO ergebenden Informationspflichten verletzt worden seien. Diese – notwendige – Klarstellung müsse durch den EuGH in dem weiteren Vorabentscheidungsverfahren erfolgen.
Dieses – weitere – Vorabentscheidungsersuchen, das bei dem EuGH unter dem Az. C-757/22 geführt wird, belegt die „Komplexität“ des „Zusammenwirkens“ von DSGVO einerseits und den nationalen Regelungen des § 8 UWG und § 3 UKlaG andererseits. Ob und – wenn bejahend – unter welchen Voraussetzungen Verbraucherschutzverbänden damit bei Vorliegen von Datenschutzverstößen eine Klagebefugnis zusteht, ist noch nicht entschieden. Wir werden das weitere Verfahren beobachten und berichten.