Die Deutsche Post AG verwendete in ihren AGB im Abschnitt „Internetmarke und Mobile Briefmarke“, folgende Klausel, auf die sie ihre Kunden (auch Verbraucher*innen) bereits vor dem Erwerb der Marken hinwies:
„Die Mobile Briefmarke ist lediglich als ad-hoc Frankierung zum sofortigen Gebrauch gedacht. Erworbene Mobile Briefmarken verlieren daher mit Ablauf einer 14-tägigen Frist nach Kaufdatum ihre Gültigkeit. Das maßgebliche Kaufdatum ist in der Auftragsbestätigung genannt. Eine Erstattung des Portos nach Ablauf der Gültigkeit ist ausgeschlossen.“
Wegen der vorgenannten Klausel mahnte der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) die Deutsche Post AG mit Schreiben vom 30.09.2021 ab und forderte sie zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung und zur Erstattung der Abmahnkostenpauschale auf. Der vzbv begründete dies damit, die Deutsche Post AG verstoße gegen § 307 Abs.1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB i. V. m. §§ 195,199 BGB (Verjährungsverkürzung). Die angegriffene Klausel sei mit wesentlichen Grundgedanken der in §§ 195, 199 BGB enthaltenen Verjährungsregelungen nicht zu vereinbaren. Die Deutsche Post AG wies die Ansprüche zurück.
Der vzbv (Kläger) klagte gegen die Deutsche Post AG (Beklagte) vor dem LG Köln. Dieses verurteilte die Beklagte antragsgemäß zur Unterlassung und zur Zahlung des Aufwendungsersatzes für die Abmahnung (Urteil vom 20.10.2022, Az. 33 O 258/21). Das Gericht folgte der Rechtsauffassung der Verbraucherschützer. In ihrer konkreten Ausgestaltung enthalte die streitgegenständliche Gültigkeitsbefristung der mobilen Briefmarke einen so weitgehenden Eingriff in das vertragliche Äquivalenzverhältnis, dass sie als unangemessene Benachteiligung der Verbraucher:innen zu qualifizieren sei.
Gegen das Urteil legte die Beklagte Berufung zum OLG Köln ein. Dieses bestätigte mit Urteil vom 13.06.2023, Az. 3 U 148/22, die Sichtweise der Vorinstanz und führte u.a. ergänzend aus:
„Das Landgericht hat zutreffend ausgeführt, dass eine Unangemessenheit der angegriffenen Klausel auch daraus folgt, dass bei Nichtnutzung der mobilen Briefmarke innerhalb der gesetzten Gültigkeitsdauer der ersatzlose Entzug des Anspruchs auf Beförderung der Briefe/Postkarten folgt, weil nach Ablauf der Frist von 14 Tagen eine Erstattung des geleisteten Betrages durch die Beklagte an die Verbraucher nicht vorgesehen ist. Die von der Beklagten vorgetragenen Gesichtspunkte der Missbrauchsgefahr und der Preisanpassung lassen nur ein Interesse deutlich werden, die Verwendbarkeit der Portocodes zeitlich zu begrenzen. Ein darüber hinausgehendes Interesse daran, mit dem Ende der Verwendbarkeit auch den im Voraus erhaltenen Betrag ersatzlos verfallen zu lassen, ergibt sich hieraus nicht (vgl. insoweit zum Verfall eines Telefonkartenguthabens BGH NJW 2001, 2635 Rn. 32 f.). Allenfalls die begrenzte Anzahl von verfügbaren Codes könnte ein schützenswertes Interesse darstellen, weil die Erstattungsfähigkeit an den einzelnen, zu einem späteren Zeitpunkt wieder neu zu vergebenden Codes abhängt. Insoweit vermag der Vortrag der Beklagten aber nicht zu begründen, dass eine Erstattung bereits nach 14 Tagen ausgeschlossen wird. Auf die obigen Ausführungen wird insoweit Bezug genommen. Eine unangemessene Benachteiligung der Verbraucher erfolgt somit auch daraus, dass die angegriffene Regelung eine Erstattung eines nicht innerhalb der 14 Tage genutzten Portocodes nicht vorsieht. Schon ein solcher teilweiser Verstoß einer AGB gegen § 307 BGB führt zur Unwirksamkeit der Klausel im Ganzen; eine geltungserhaltende Reduktion ist unzulässig (vgl. Grüneberg-Grüneberg, a.a.O. § 306 BGB Rn. 6 m.w.N.). Es mag sich zwar bei dem Verfall der Portocodes nach 14 Tagen im Einzelfall nur um geringfügige Beträge handeln. Die geringe Höhe des Entgelts ist jedoch grundsätzlich keine Rechtfertigung für unangemessene AGB (vgl. Grüneberg, a.a.O. Rn. 18 m.w.N.).“