Das Preisangabenrecht wurde vor dem Hintergrund europarechtlicher Entwicklungen (neugefasste Preisangabenrichtlinie) und nationaler Rechtsprechung (Anpassungs- und Klarstellungsbedarf im Hinblick auf die Vereinbarkeit mit der bisherigen PAngV) novelliert. Die Novelle der PAngV geht zurück auf die Vorgaben der Richtlinie (EU) 2019/2161 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27.11.2019 zur besseren Durchsetzung und Modernisierung der Verbraucherschutzvorschriften der Union (Omnibusrichtlinie), die zu Änderungen der Richtlinie 98/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.02.1998 über den Schutz der Verbraucher bei der Angabe der Preise der ihnen angebotenen Erzeugnisse (Preisangabenrichtlinie) geführt hat. Zum Zwecke der Umsetzung dieser Änderungen hatte das Bundeskabinett am 03.11.2021 mit zwei Maßgaben des Bundesrates den Entwurf der Novelle der PAngV zur Umsetzung der Änderungen der Preisangabenrichtlinie in nationales Recht beschlossen. Die Verkündung im Bundesgesetzblatt ist erfolgt (BGBl. I S. 4921 [Nr. 79]). Die Neufassung ist ab dem 28.05.2022 anzuwenden. Zeitgleich tritt die bisher geltende PAngV dann außer Kraft.
Im Folgenden wird in einer kurzen Übersicht auf die systematisch überarbeitete und umstrukturierte Neufassung der Preisangabenverordnung (sowie der hier abrufbaren Begründung) eingegangen.
1. Anwendungsbereich unverändert
Wie bislang auch, richtet sich die PAngV an Unternehmer, die Verbrauchern (im Sinne des § 13 BGB; siehe Begriffsbestimmung in § 2 Nr. 9 PAngV n. F.) Waren anbieten oder unter Angabe von Preisen für Waren werben. Dies betrifft alle Vertriebswege, sowohl im stationären Handel als auch im Onlinehandel sowie auch die vorgelagerte oder begleitende Preiswerbung. Die PAngV gilt hingegen nicht für reine Dienstleistungen und reine digitale Inhalte, da Art. 1 der Preisangabenrichtlinie den Anwendungsbereich auf „Erzeugnisse“ begrenzt, die Verbrauchern von Händlern angeboten werden. Weitergehende Preisangabepflichten über „Erzeugnisse“ hinaus, sind in § 5a Abs. 3 Nr. 3 UWG („Werden Waren oder Dienstleistungen … angeboten …“); Art. 7 Abs. 4 c UGP-Richtlinie geregelt.
2. Angabe des Grundpreises
Die Pflicht zur Grundpreisangabe ist nun in § 4 PAngV n.F. geregelt. Entsprechend dem Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 98/6/EG (Preisangabenrichtlinie) wurde dahingehend umformuliert, dass der Grundpreis zwar „unmissverständlich, klar erkennbar und gut lesbar“ anzugeben ist, aber nicht mehr zwingend in unmittelbarer Nähe zum Gesamtpreis angeführt werden muss. Die Vorgabe einer guten Erkennbarkeit wird es weiterhin erfordern, dass der Gesamtpreis (nunmehr in § 3 PAngV n. F. geregelt) und der Grundpreis auf einen Blick wahrgenommen werden können (vgl. S. 30 der Begründung der Neufassung der PAngV). Somit sind auch weiterhin folgende Gestaltungen unzulässig: Bei Online-Präsentationen erscheint der Grundpreis erst mittels des Mouse-Over-Effekts oder durch Aufrufen eines Links; im stationären Handel wird eine Information abseits des den Gesamtpreis ausweisenden Preisschildes vorgehalten.
Insofern sei noch hinzuweisen auf ein beim BGH anhängiges Verfahren (Az. I ZR 69/21; Vorinstanz: OLG Naumburg, Urteil vom 29.04.2021, Az. 9 U 114/20), in dem es um die Bedeutung der in einer Wettbewerbssache geforderten unmittelbaren Nähe des Grundpreises zum Gesamtpreis geht. Die Frage, ob es sich insofern um eine überschießende Anforderung oder lediglich um eine mit anderen Worten erfolgende Beschreibung der Formulierung in der Preisangabenrichtlinie („unmissverständlich, klar erkennbar und gut lesbar“), konkret des Merkmals „klar erkennbar“, handelt, dürfte auch für die Neufassung der PAngV noch von Bedeutung sein. Der Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem BGH fand am 10.03.2022 statt, eine Entscheidung soll am 19.05.2022 verkündet werden.
3. Mengeneinheiten für den Grundpreis
Damit Preise leichter miteinander verglichen und transparenter gemacht werden können, sind nach § 5 Abs. 1 PAngV n. F. künftig betreffend Gewicht und Volumen nur noch die Mengeneinheiten „1 Kilogramm bzw. 1 Liter“ für die Angabe von Grundpreisen zu verwenden. Die bisherige Möglichkeit bei Ware, deren Nenngewicht oder Nennvolumen üblicherweise 250 Gramm oder 250 Milliliter nicht übersteigt, den Grundpreis mit 100 Gramm oder 100 Milliliter anzugeben, besteht also künftig (ab 28.05.2022) nicht mehr (Ausnahme: bei nach Gewicht oder nach Volumen angebotener loser Ware, § 5 Abs. 2 PAngV n. F.). Für die Selbstabfüllung (Begriffsbestimmung in § 2 Nr. 7 PAngV) ist in § 5 Abs. 3 PAngV als Ausnahmefall geregelt, dass bei zur Selbstabfüllung angebotener flüssiger loser Ware durch den Kunden abweichend von der allgemeinen Verkehrsauffassung zusätzlich zum Grundpreis nach Absatz 2 der Grundpreis nach Gewicht angegeben werden kann.
4. Ausweisung von Pfandbeträgen
Bislang war noch ungeklärt, wie Preise von pfandpflichtigen Getränken in Einweg- und Mehrwegverpackungen ausgewiesen werden müssen. Der BGH hat dazu mit Beschluss vom 29.07.2021, Az. I ZR 135/20, dem EuGH Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt. Das Verfahren wird bei dem EuGH unter dem Az. C-543/21 geführt. Durch § 7 PAngV n. F. („Rückerstattbare Sicherheit“) ist die Rechtslage nun ab dem 28.05.2022 jedenfalls zunächst dahingehend geklärt worden, dass künftig die Höhe des Pfandbetrags neben dem Gesamtpreis anzugeben ist und nicht in den Gesamtpreis einberechnet werden darf. Ob die Sichtweise des Gesetzgebers durch die ausstehenden Entscheidungen des EuGH und des BGH noch Korrekturen erfahren wird, bleibt abzuwarten.
5. Preisangaben bei Fernabsatzverträgen
Zur Erhöhung der Auffindbarkeit werden die Regelungen zum Fernabsatz separat in § 6 PAngV n.F. geregelt. Die Vorschrift des § 6 Abs. 1 PAngV n. F. entspricht der bisherigen Regelung in § 1 Abs. 2 S. 1 PAngV und betrifft die zusätzliche Angabe, dass die für Waren oder Leistungen geforderten Preise die Umsatzsteuer und sonstige Preisbestandteile enthalten, sowie die zusätzliche Angabe, ob zusätzlich Fracht-, Liefer- oder Versandkosten oder sonstige Kosten anfallen. Sofern zusätzliche Fracht-, Liefer- oder Versandkosten oder sonstige Kosten anfallen, ist nach § 6 Abs. 2 PAngV n. F. (der § 1 Abs. 2 S. 2 der bisherigen Fassung der PAngV entspricht) deren Höhe anzugeben, soweit diese Kosten vernünftigerweise im Voraus berechnet werden können. § 6 Abs. 3 PAngV n. F. enthält eine Ausnahmevorschrift.
6. Zusätzliche Preisangabepflicht bei Preisermäßigungen für Waren
Verhindert werden soll, dass bei der Bekanntgabe von Preisermäßigungen auf vorherige Preise Bezug genommen wird, ohne dass diese vorher tatsächlich so gefordert wurden. Künftig ist gemäß § 11 Abs. 1 PAngV n. F. (Art. 6a Preisangabenrichtlinie) bei jeder Bekanntgabe einer Preisermäßigung der vorherige Preis anzugeben, den der Händler vor der Preisermäßigung über einen bestimmten Zeitraum ausgewiesen hatte. Der vorherige Preis ist der niedrigste Preis, den der Händler innerhalb eines Zeitraums von mindestens 30 Tage vor der Anwendung der Preisermäßigung angewendet hat.
Gemäß § 11 Abs. 2 PAngV n.F. kann die Angabe des vorherigen Gesamtpreises auch anhand schrittweise ansteigender Preisermäßigungen ermittelt werden. Der Anbieter kann bezüglich des niedrigsten Preises der letzten 30 Tage auch auf denjenigen Preis abstellen, den er vor Beginn der fortlaufenden und schrittweisen Ermäßigung von den Verbrauchern gefordert hatte. Sofern ein solcher „Ausgangspreis“ gewählt wird, muss er den niedrigsten Preis im Sinne des § 11 Abs. 1 PAngV n.F. darstellen.
Unter die Neuregelung fallen alle Bekanntmachungsformen einer Ermäßigung; neben dem stationären Handel (Warenregal) sind auch Online-Präsentationen erfasst.
Ausnahmen sind in § 11 Abs. 4 PAngV n. F. vorgesehen für individuelle Preisermäßigungen sowie für „schnell verderbliche Waren oder Waren mit kurzer Haltbarkeit, wenn der geforderte Preis wegen einer drohenden Gefahr des Verderbs oder eines drohenden Ablaufs der Haltbarkeit herabgesetzt wird und dies für die Verbraucher in geeigneter Weise kenntlich gemacht wird.“
7. Preisangabe beim punktuellen Aufladen von elektrisch betriebenen Fahrzeugen
In die neue PAngV wurde eine Regelung in § 14 Abs. 2 PAngV n. F. aufgenommen, wonach Betreiber „öffentlich zugänglicher Ladepunkte“, die Verbrauchern das „punktuelle Aufladen von Elektromobilen“ ermöglichen, an dem jeweiligen Ladepunkt den „Arbeitspreis je Kilowattstunde“ anzugeben haben. Durch den zweiten Maßgabenbeschluss des Bundesrates wurde diese Regelung um die „Abrufoption für eine Anzeige des Preises auf dem Display eines mobilen Endgerätes“ ergänzt.
8. Fazit
Händlern ist zu raten, sich möglichst bald mit den Neuregelungen vertraut zu machen und ihre Werbung und ihre Warenpräsentationen anzupassen. Verstöße gegen die PAngV gelten als „Abmahnklassiker“, so dass bei Verstößen kostenträchtige Abmahnungen erfolgen könnten. Die Möglichkeiten, sich mit Preisermäßigungen unlautere Vorteile gegenüber Verbrauchern und Wettbewerbern zu verschaffen, werden durch die Neuregelung in § 11 PAngV n. F. eingeschränkt. Durch die ebenfalls am 28.05.2022 in Kraft tretenden Änderungen in Umsetzung Omnibus-Richtlinie kommen auf die Händler noch weitere Änderungen zu.
Dr. Harald Schneider
Rechtsanwalt
Fachanwalt für IT-Recht