In Produktpräsentationen zu Textilprodukten ist gelegentlich der Begriff „Bambus“ enthalten. Aus gegebenen Anlass möchten wir darauf hinweisen, dass von der Verwendung dieser Bezeichnung besser Abstand genommen werden sollte.
Nach § 5 Abs. 2 Nr. 1 UWG ist eine geschäftliche Handlung irreführend, wenn sie unwahre oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über z. B. die wesentlichen Merkmale der Ware wie die Beschaffenheit oder die Zusammensetzung enthält. Das LG Ulm (Urteil vom 22.08.2016, Az. 11 O 9/16 KfH) hatte über folgenden Sachverhalt zu entscheiden gehabt: Ein Unternehmen (Verfügungsbeklagte) hatte in einem Prospekt diverse Socken mit der Angabe „Bambussocke“ beworben; die Socken waren auf dem an der Ware befindlichen Etikett mit der Bezeichnung „Viskose“ gekennzeichnet. Zwischen den Parteien war die Herstellung der Viskose aus Bambusrohstoff unstreitig: Nach Zerkleinerung des Bambus in kleine Stücke entsteht nach mehreren Schritten Zellulose, die zu Zellstoffplatten gepresst wird. Nach weiteren chemischen Schritten entstehen sodann Viskosefasern. Die Ausgangsrohstoffe (Bambus) verlieren durch das Viskoseverfahren vollständig ihre natürlichen Eigenschaften. Engmaschige Textilien mit glatter Oberfläche wie Strümpfe können aus der Naturfaser Bambus nicht hergestellt werden. Das LG Ulm entschied daher, dass die Wortwahl „Bambussocke“ für den durchschnittlichen Betrachter so zu verstehen sei, dass hierin eine Beschaffenheitsangabe im Sinne eines Merkmals der Ware zu sehen sei. Der Begriff „Bambus“ weise eindeutig auf den entsprechenden Rohstoff hin. Nach Auffassung des Gerichtes bestand daher die Gefahr, dass ein nicht unerheblicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise die Werbung mit dem Begriff „Bambussocken“ dahingehend verstehe, dass die beworbenen Socken aus der natürlichen Textilfaser Bambus bestünden. Da die Socken jedoch aus Viskosefasern bestünden, liege eine irreführende Werbeaussage vor. Die Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg. Das OLG Stuttgart (Urteil vom 27.04.2017, Az. 2 U 132/16) bestätigte die Ansicht der Vorinstanz.
Diese Sichtweise des LG Ulm / OLG Stuttgart vertrat kürzlich auch das LG Düsseldorf in seinem Urteil vom 25.10.2022, Az. 38 O 20/22. In dem zugrundeliegenden Sachverhalt war ein „Bambuskissen“ beworben worden, wobei dieses Kissen (auch) aus Viskose bestand. Das LG Düsseldorf sah in dieser Formulierung eine Irreführung im Sinne des § 5a Abs. 1 UWG. Es sei zwischen den Parteien des Verfahrens unstreitig, dass das beworbene „Bambuskissen“ ein Textilprodukt darstelle, so dass die Vorgaben der Textilkennzeichnungsverordnung (TKVO), insbesondere Art. 5 Abs. 1 TKVO in Verbindung mit Anhang I, zu beachten sein. Es hätte daher u. a. die – in Anhang I aufgeführte – Bezeichnung „Viskose“, nicht jedoch die – dort nicht aufgeführte – Bezeichnung „Bambus“ Verwendung finden dürfen. Die nach Art. 5 Abs. 1 TKVO i.V.m. Anhang I vorgegebenen Bezeichnungen stellten gemäß § 5b Abs. 4 UWG wesentliche Informationen dar, bei deren Vorenthaltung von einer Irreführung im Sinne des § 5a Abs. 1 UWG auszugehen sei.