Der Umfang der einem Verbraucher zu erteilenden Informationen über Garantien im Zusammenhang mit dem Kauf einer Ware hat sich durch eine Gesetzesänderung und – bezüglich Herstellergarantien – durch eine EuGH-Entscheidung verändert. Darauf wird nachstehend weiter eingegangen.
I. Gesetzesänderung zum 01.01.2022
Mit dem
Gesetz zur Regelung des Verkaufs von Sachen mit digitalen Elementen und anderer Aspekte des Kaufvertrags (BGBl. I 2021 S. 2133)
wurde die Richtlinie (EU) 2019/771 („Warenkaufrichtlinie“ = WKRL) umgesetzt. Davon betroffen ist auch die Vorschrift des § 479 BGB (Informationspflichten bezüglich Garantien).
Die Vorgaben, die bis zum 31.12.2021 in Ziffern 1 und 2 des § 479 Abs. 1 BGB a. F. geregelt waren, wurden in der Neufassung auf 5 Ziffern erweitert. Zum Teil sind es Präzisierungen, zum Teil aber auch Erweiterungen. Z. B. muss nach § 479 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB n.F. auch darauf hingewiesen werden, dass die Inanspruchnahme der gesetzlichen Rechte des Verbrauchers wegen Mängeln für diesen unentgeltlich ist. Eigene Ziffern haben nun (woran man die große Bedeutung der Garantie-Informationen nach dem Willen des Gesetzgebers erkennen kann):
- Name und Anschrift des Garantiegebers (§ 479 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB n.F.)
- das Verfahren zur Geltendmachung von Garantien (§ 479 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BGB n.F.)
- die Nennung der Sache, auf die sich die Garantie bezieht (§ 479 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 BGB n.F.), was man wohl in der Regel als deutliche Wiederholung an Hand der Warenpräsentation auffassen muss
- Bestimmungen, insbesondere Dauer, Geltungsbereich (§ 479 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 BGB n.F.)
Eine klare Verschärfung gegenüber der bisherigen Rechtslage stellt es dar, dass nach § 479 Abs. 2 BGB n. F. „spätestens zum Zeitpunkt der Lieferung der Sache“ die Garantieerklärung dem Verbraucher auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung gestellt werden muss. Bislang bestand nur eine Pflicht dazu, wenn der Verbraucher das verlangt hat (§ 479 Abs. 2 BGB a. F.).
II. EuGH-Urteil vom 05.05.2022
Von Bedeutung, auch für die neue Rechtslage, ist die inzwischen vorliegende Entscheidung des EuGH (Urteil vom 05.05.2022, Az. C-179/21) zur Informationspflicht bezüglich Herstellergarantien (Vorlage durch den BGH, Beschluss vom 11.02.2021, Az. I ZR 241/19 – Herstellergarantie III). Insofern ist nun geklärt, ob und in welchem Umfang über Herstellergarantien zu informieren ist, insbesondere ob schon das Bestehen einer solchen Garantie die Belehrungspflicht der Händler auslöst (Informationsbeschaffungspflicht der Händler).
Die Vorlagefragen des BGH lauteten:
„1. Löst allein schon das bloße Bestehen einer Herstellergarantie die Informationspflicht nach Art. 6 Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 2011/83 aus?
2. Für den Fall, dass Frage 1 verneint wird: Wird die Informationspflicht nach Art. 6 Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 2011/83 durch die bloße Erwähnung einer Herstellergarantie im Angebot des Unternehmers ausgelöst oder wird sie ausgelöst, wenn die Erwähnung für den Verbraucher ohne Weiteres erkennbar ist? Besteht eine Informationspflicht auch, wenn für den Verbraucher ohne Weiteres erkennbar ist, dass der Unternehmer nur Angaben des Herstellers zu der Garantie zugänglich macht?
3. Muss die nach Art. 6 Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 2011/83 erforderliche Information über das Bestehen und die Bedingungen einer Herstellergarantie dieselben Angaben enthalten wie eine Garantie nach Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 1999/44, oder genügen weniger Angaben?“
Der EuGH hat insofern für Recht erkannt und die Fragen wie Folgt beantwortet:
„1. Art. 6 Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates ist dahin auszulegen, dass die mit dieser Vorschrift dem Unternehmer auferlegte Informationspflicht hinsichtlich der vom Hersteller angebotenen gewerblichen Garantie nicht schon allein aufgrund des Bestehens dieser Garantie ausgelöst wird, sondern lediglich dann, wenn der Verbraucher ein berechtigtes Interesse daran hat, Informationen über die Garantie zu erhalten, um seine Entscheidung treffen zu können, ob er sich vertraglich an den Unternehmer binden möchte. Ein solches berechtigtes Interesse liegt insbesondere dann vor, wenn der Unternehmer die gewerbliche Garantie des Herstellers zu einem zentralen oder entscheidenden Merkmal seines Angebots macht. Für die Feststellung, ob die Garantie ein solches zentrales oder entscheidendes Merkmal darstellt, sind Inhalt und allgemeine Gestaltung des Angebots hinsichtlich der betroffenen Ware zu berücksichtigen sowie die Bedeutung der Erwähnung der gewerblichen Garantie des Herstellers als Verkaufs- oder Werbeargument, die Positionierung der Erwähnung der Garantie im Angebot, die Gefahr eines Irrtums oder einer Verwechslung, die durch diese Erwähnung bei einem normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher hinsichtlich der unterschiedlichen Garantierechte, die er geltend machen kann, oder hinsichtlich der tatsächlichen Identität des Garantiegebers hervorgerufen werden könnte, das Vorliegen von Erläuterungen zu den weiteren mit der Ware verbundenen Garantien im Angebot und jeder weitere Gesichtspunkt, der ein objektives Schutzbedürfnis des Verbrauchers begründen kann.
2.Art. 6 Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 2011/83 in Verbindung mit Art. 6 Abs. 2 zweiter Gedankenstrich der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter ist dahin auszulegen, dass die Informationen, die dem Verbraucher zu den Bedingungen einer gewerblichen Garantie des Herstellers zur Verfügung gestellt werden müssen, alle Informationen hinsichtlich der Bedingungen für die Anwendung und die Inanspruchnahme einer solchen Garantie umfassen, die dem Verbraucher seine Entscheidung darüber ermöglichen, ob er sich vertraglich an den Unternehmer binden möchte.“
Nach dem Urteil des EuGH ist nur derjenige Händler verpflichtet, sich die Garantieinformationen des Herstellers zu beschaffen und darüber vollständig zu belehren, der die Garantie zum „zentralen oder entscheidenden Merkmal seines Angebots“ macht. Ob die Bedingungen, die der EuGH formuliert hat, z. B. schon dann erfüllt sind, wenn die Garantie lediglich im Fließtext von AGB oder an untergeordneter Stelle einer Artikelbeschreibung erfolgt, ist fraglich und eine Frage der Einzelfallwürdigung. Zu relevanten Gestaltungsformen wird sich die Rechtsprechung nun neu positionieren müssen. Der sicherste Weg für die Händler ist es aber weiterhin, die Garantieinformationen dann vorzuhalten, wenn die Garantie in der Warenpräsentation werblich erwähnt wird.
Die Thematik der Garantiewerbung ist vor allem wegen der Besonderheiten, die sich auf der Plattform Amazon ergeben, von großer Bedeutung (siehe dazu den Beitrag in unserem Online-Magazin „Haftung der Amazon-Händler auch dann, wenn die Gestaltung der Anzeigen von Amazon beeinflusst wird“).
III. Zeitpunkt und Form der Garantieinformationen
Wichtig ist, dass die auf der Webseite erfolgte Information seit dem 01.01.2022 gemäß § 479 Abs. 2 BGB n. F. „spätestens zum Zeitpunkt der Lieferung der Sache“ als Garantieerklärung dem Verbraucher nachfolgend noch auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung gestellt wird (z. B. per Email, Telefax oder Schriftstück). Denn nach ständiger Rechtsprechung stellt eine Webseite keinen „dauerhaften Datenträger“ und keine Textform dar.