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LG Passau: Qualifizierte Person haftet neben dem Inkassounternehmen für Wettbewerbsverstöße

In einem Wettbewerbsverfahren vor dem LG Passau ging es um die Haftung einer Gesellschaft Bürgerlichen Rechts (GbR) und von deren Gesellschaftern.

I. Sachverhalt

Eine als Inkassounternehmen registrierte GbR hatte im Impressum des eigenen Webauftritts falsche Angaben zur zuständigen Aufsichtsbehörde gemacht (Verstoß gegen § 5 Abs. 1 Nr. 3 DDG). Ferner enthielt das Impressum noch eine unzulässige Haftungsbegrenzungsklausel. Der in der Liste gemäß § 8b UWG eingetragene Bundesverband für Inkasso und Forderungsmanagement e.V. (BFIF e.V.) mahnte die GbR und deren zwei Gesellschafter, die zugleich als qualifizierte Personen (§ 12 Abs. 4 RDG) der GbR im Rechtsdienstleistungsregister eingetragen sind, ab. Einer der Gesellschafter hatte im Impressum die Verantwortlichkeit für den Inhalt der Webseiten übernommen. Da das Inkassounternehmen und deren Gesellschafter nicht reagierten, beantragte der Verband den Erlass einer einstweiligen Verfügung.

II. Einstweiliges Verfügungsverfahren

Das LG (Beschluss vom 03.02.2025, Az. 1 HK O 2/25) erließ die einstweilige Verfügung gegen die GbR und deren zwei Gesellschafter antragsgemäß. Der Beschluss enthält, was so üblich ist, keine weitere Begründung. Daher soll die Haftung der Gesellschafter / qualifizierten Personen hier analysiert werden.

III. Haftung der Gesellschafter-Geschäftsführer

Der Gesellschafter einer GbR haftet grundsätzlich nur dann, wenn er selbst den Wettbewerbsverstoß begangen oder ihn pflichtwidrig nicht verhindert hat oder wenn er wenn er daran entweder durch positives Tun beteiligt war oder er die Wettbewerbsverstöße aufgrund einer nach allgemeinen Grundsätzen des Deliktsrechts begründeten Garantenstellung hätte verhindern müssen (BGH, Urteil vom 18.06.2014, Az. I ZR 242/12 – Geschäftsführerhaftung mit weiteren Nachweisen).

Laut Verlautbarung im Impressum hat sich der Antragsgegner zu 3) als für den Webauftritt des Inkassounternehmens verantwortlich bezeichnet. Auf der Impressum-Seite war die Information vorhanden:

„Inhaltlich verantwortlich im Sinne des §55 II RStV: M…..“

Die Verantwortlichkeit des Antragsgegners zu 3) lässt sich daher problemlos aus eigener Tatbeteiligung begründen.

Da dem Antragsgegner zu 2) kein eigenes Handeln nachzuweisen war, ergab sich hier die Frage, inwieweit er als qualifizierte Person des Rechtsdienstleistungsunternehmen eine Garantenstellung einnimmt. Ein Garant hat die Pflicht, Schaden von geschützten Rechtsgütern abzuwenden. Er muss also aktiven Rechtsgüterschutz betreiben.

Die Garantenstellung der qualifizierten Person, deren Vorhandensein bei juristischen Personen und rechtsfähigen Personengesellschaften Registrierungsvoraussetzung ist, lässt sich aus deren Funktion ableiten, § 12 Abs. 4 S. 1 und 2 RDG:

„Juristische Personen und rechtsfähige Personengesellschaften müssen mindestens eine natürliche Person benennen, die alle nach Absatz 1 Nr. 1 und 2 erforderlichen Voraussetzungen erfüllt (qualifizierte Person). Die qualifizierte Person muss in dem Unternehmen dauerhaft beschäftigt, in allen Angelegenheiten, die Rechtsdienstleistungen des Unternehmens betreffen, weisungsunabhängig und weisungsbefugt sowie zur Vertretung nach außen berechtigt sein.“

Die qualifizierte Person ist dafür verantwortlich, dass die rechtlichen Vorschriften eines Rechtsdienstleistungsunternehmens eingehalten werden. Dazu gehören insbesondere die berufsrechtlichen Regeln und die Grundsätze der ordnungsgemäßen Geschäftsführung. Die Formulierung in § 12 Abs. 4 RDG „, in allen Angelegenheiten, die Rechtsdienstleistungen des Unternehmens betreffen“ bezieht sich auf alle rechtsdienstleistungsbezogenen Bereiche (Deckenbrock/Henssler, RDG, 5. Aufl. 2021, § 12 Rn 127). Ohne die qualifizierte Person als „Garant“ darf ein Rechtsdienstleistungsunternehmen in der Form einer Personengesellschaft nicht betrieben werden (siehe auch § 14 Nr. 4 RDG – Widerruf bei Ausscheiden einer qualifizierten Person). Verstöße der registrierten Person und / oder ihrer qualifizierten Person können zum Gegenstand von Aufsichtsmaßnahmen werden (§ 13h Abs. 1 S. 2 RDG: „die Einhaltung anderer Gesetze, soweit sich aus diesen Vorgaben für die berufliche Tätigkeit der registrierten Personen ergeben.“).

Insbesondere ist die qualifizierte Person auch dafür verantwortlich, dass es nicht zu unlauteren geschäftlichen Handlungen kommt (OVG NRW, Beschluss vom 24.05.2023, Az. 4 B 1590/20; so auch die Gesetzesbegründung Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung des Verbraucherschutzes im Inkassorecht und zur Änderung weiterer Vorschriften, BT Drucksache 19/20348, S. 29):

„Die Einhaltung der aus den §§ 3 bis 7 UWG folgenden Vorgaben zählt zu den selbstverständlichen Berufspflichten des Rechtsdienstleisters.“

(OVG NRW Rn. 31)

Die Positionen der Antragsgegner zu 2) und 3) als Gesellschafter und zugleich qualifizierte Personen der Antragsgegnerin zu 1) – registrierte Person – begründet daher im Falle des LG Passau die persönliche Verantwortlichkeit für das geschäftliche Handeln der Antragsgegnerin zu 1) und auch für das pflichtwidrige Nichtverhindern der ordnungsgemäßen Erfüllung der Impressumspflicht.

Verstöße nach dem UWG können auch zum Gegenstand von Aufsichtsmaßnahmen werden (§ 13h Abs. 1 S. 2 RDG: „die Einhaltung anderer Gesetze, soweit sich aus diesen Vorgaben für die berufliche Tätigkeit der registrierten Personen ergeben.“). Diese zu vermeiden, ist Aufgabe der qualifizierten Personen.

IV. Fazit

Die Tätigkeit der qualifizierten Personen ist von hoher Verantwortung und dementsprechender Verantwortlichkeit geprägt. Nachlässigkeiten in Bezug auf die Einhaltung der Wettbewerbsregeln können dazu führen, dass sowohl die registrierte Person als auch die qualifizierte Person auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Auch im Rahmen von Aufsichtsmaßnahmen kann das Verhalten der qualifizierten Person überprüft und ggf. beanstandet werden.

 

Dr. Harald Schneider
Rechtsanwalt
Fachanwalt für IT-Recht