Rechtsprechung

BVerfG: Zur Verfassungsmäßigkeit einer Videoverhandlung ohne Zoom-Funktion

In einer Verhandlung vor dem FG München wurden die Verfahrensbeteiligten per Videoübertragung zugeschaltet. Die Richter waren sitzend hinter der Richterbank zu erkennen, allerdings durchgehend in der Totalaufnahme ohne dass die Verfahrensbeteiligten per Zoom in die Nahaufnahme gehen zu konnten. Die Beschwerdeführer (Prozesspartei) legten Verfassungsbeschwerde ein, die das BVerfG nicht zur Entscheidung annahm. Die Verfassungsbeschwerde begründeten die Beschwerdeführer damit, ihnen sei die Möglichkeit genommen worden zu überprüfen, ob die Richter mental anwesend und ob sie laut ihrer Mimik ggf. voreingenommen gewesen seien, womit u. U. Verfahrensmängel oder Befangenheitsgründe nicht transparent geworden seien. Das BVerfG sah darin nicht den gerügten Verstoß gemäß Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG (gesetzlicher Richter). Die fehlende Option der visuellen Überprüfung des Gesichts eines Richters reiche nicht aus, um von einem solchen Verstoß auszugehen. Denn tatsächlich sei das Gericht personell richtig besetzt gewesen.

Allerdings wies das BVerfG darauf hin, dass u. U. das Recht auf ein faires Verfahren, das aus dem Rechtsstaatsprinzip in Verbindung mit den Freiheitsrechten und Art. 1 Abs. 1 GG abzuleiten ist, verletzt worden sein könnte. Die Verletzung dieses Rechts hatten die Beschwerdeführer allerdings nicht gerügt und es fehlte dazu auch an Sachvortrag. Insbesondere gehe aus dem Vortrag der Beschwerdeführer nicht hervor, dass eine fehlende Kontrollmöglichkeit nicht auf einer unzureichenden eigenen Ausstattung beruhte oder wie sich die konkreten örtlichen Gegebenheiten und die Übertragungsqualität sowie etwaige dadurch bedingte Einschränkungen dargestellt hatten. Ob daher tatsächlich keine Kontrollmöglichkeiten bestanden hatte, kann somit nicht abschließend beurteilt werden. Ferner warf das BVerfG auch die Frage auf, ob die Beschwerdeführer nicht in der Verhandlung vor dem FG München die ihrer Meinung nach vorhandenen Verfahrensmängel hätten reklamieren müssen. Der Beschluss des BVerfG macht ausweislich seiner Begründung deutlich, dass die fehlende Zoomfunktion bei Gerichtsverhandlungen aber grundsätzlich durchaus – auch verfassungsrechtlich – problematisch ist.