Rechtsprechung

OLG Frankfurt: Influencerin muss Beitrag bezüglich kostenlos erhaltener iBooks als Werbung kennzeichnen

Eine Influencerin, die auf der Internetplattform Instagram ein Nutzerprofil betreibt, verwies dort Ende des Jahres 2019 mittels sog. „Tap-Tags“ regelmäßig auf Instagram-Accounts von Unternehmen, deren Produkte im Bild zu sehen sind. Bei Tap Tags handelt es sich um Markierungen von Bildern in Instagram-Posts. Durch Anklicken bzw. Antippen der Bilder werden die „Tap Tags“ und gleichzeitig die Namen der Hersteller oder der Anbieter der jeweiligen getaggten Produkte sichtbar. Klickt der Nutzer auf einen dann erschienenen „Tap Tag“, wird er auf den Instagram-Account des betreffenden Anbieters bzw. Herstellers weitergeleitet.  Unter anderem verlinkte die Influencerin auf diese Weise auf ein Bündel von iBooks, das sich mit veganer Ernährung befasst. Unter iBook sind digitale Bücher zu verstehen, die per iOS-App auf einem iPhone und einem iPad lesbar sind (eines der Dateiformate für eBooks). Die Influencerin erhielt hierfür keine unmittelbare finanzielle Gegenleistung. Jedoch hatte der Anbieter der iBooks diese der Influencerin unentgeltlich zur Verfügung gestellt. Eine Verlegerin mehrerer Print- und Onlinezeitschriften beanstandete die Werbung der Influencerin als unlauter und forderte Unterlassung. Nachdem die Influencerin insoweit am 16.12.2019 eine Unterlassungserklärung abgegeben hatte, forderte die Verlegerin im Januar 2020 wegen 16 angeblicher Verstöße gegen die Unterlassungserklärung Vertragsstrafen in Höhe von 80.016 € (16 x 5.001) und die Abgabe einer neuen Unterlassungserklärung mit erhöhter Vertragsstrafe. Die Influencerin lehnte es ab, diesen Forderungen nachzukommen. Die Vertragstrafenforderung reduzierte die Verlegerin später auf 15.000,- EUR wegen der rechtlich streitigen Frage, ob die verschiedenen Verstöße nicht als „natürliche Handlungseinheit“ und damit als ein einziger Verstoß im Rechtssinne anzusehen sind. Den Unterlassungsanspruch, der mit den weiteren Verstößen erneut entstanden war, klagte die Verlegerin (Klägerin) gegen die Influencerin (Beklagte) ein. Das LG Frankfurt am Main (Urteil vom 31.03.2021, Az. 2-6 O 271/20) verurteilte die Beklagte dazu, es bei Androhung der gesetzlich gesetzlichen Ordnungsmittel zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr unter Abbildung einer Person oder einem Bezug zu einer Person im Internet kommerzielle Inhalte, insbesondere Waren und/oder Dienstleistungen, vorzustellen, ohne die Veröffentlichung als Werbung kenntlich zu machen, sofern sich der kommerzielle Zweck nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt. Die Berufung der Beklagten blieb erfolglos (Urteil des OLG Frankfurt vom 19.05.2022, Az. 6 U 56/21).

Das Berufungsgericht führte dazu aus, dass sich der Unterlassungsanspruch aus § 5a Abs. 6 UWG ergebe. Durch den Betrieb eines Instagram-Profils fördere die Influencerin zum einen das eigene Unternehmen. Insbesondere seien scheinbar private Veröffentlichungen von Influencern für deren Follower von Interesse, denn diese wirkten dadurch „glaubwürdiger, nahbarer und sympathischer“. Zum anderen fördere die Influencerin durch ihre Posts aber auch die Geschäfte des iBook-Anbieters. Im vorliegenden Fall liege ein „geradezu prototypischer Fall des werblichen Überschusses“ vor, weil keinerlei Einordnung, inhaltliche Auseinandersetzung oder Bewertung der hervorgehoben präsentierten iBooks erfolge. Eine Kennzeichnung sei daher erforderlich. Das Urteil des OLG Frankfurt ist eine der ersten oberlandesgerichtlichen Entscheidungen, nachdem sich der BGH im September 2021 (Urteile vom 09.09.2021, Az. I ZR 90/20 – Influencer I; Az. I ZR 125/20 – Influencer II; Az. I ZR 126/20) und Januar 2022 (Urteil vom 13.01.2022, Az. I ZR 35/21 – Influencer III; Urteil vom 13.01.2022, Az. I ZR 9/21) mit der Rechtsthematik befasst hatte. Das OLG Frankfurt folgt insofern grundsätzlich der Rechtsprechung des BGH. Dieser unterschied ebenfalls zwischen Handlungen, die das eigene Unternehmen fördern, sowie solchen, die Unternehmen Dritter fördern. Ferner hat der BGH in den vorstehend erwähnten Entscheidungen ebenfalls betont, dass eine Werbekennzeichnung dann erfolgen muss, wenn der Influencer eine Gegenleistung für die Veröffentlichung erhalten hat, und dass eine solche Gegenleistung auch in der Zurverfügungstellung von kostenlosen Produkten oder Dienstleistungen zu sehen ist.