Die U GmbH vertreibt seit Jahren unter der Marke „Sanella“ ein Streichfett. Dieses wurde längere Zeit mit einem Nettogewicht von 500g auf den Markt gebracht. Seit dem Sommer 2022 vertreibt die U GmbH in einer nahezu identischen Umverpackung das Streichfett „Sanella“ mit einem Nettogewicht von 400 g. Die Füllmengen sind jeweils auf den Produktverpackungen angegeben. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) mahnte die U GmbH ab, weil Verbraucher durch die Verwendung der fast identischen Produktverpackungen und den relativ unauffälligen Hinweis zur Füllmenge in die Irre geführt werden. Diese gingen bei der neuen Variante (400 g) gewohnheitsmäßig davon aus, dass die die 500 g – Variante sei. Da keine Unterwerfung erfolgte, klagte der vzbv (Kläger) vor dem LG Hamburg gegen die U GmbH (Beklagte) auf Unterlassung. Das Gericht gab den Verbraucherschützern zum Teil Recht (Urteil vom 13.02.2024, Az. 406 HKO 12122). Es geht davon aus, dass die allgemeinen Irreführungstatbestände (§ 5 UWG) auch für Irreführungen hinsichtlich einer Verpackungsgröße gelten. Dem stehe die Vorschrift des § 43 Abs. MessEG, die nur objektiv aus der Gestaltung und Befüllung von Fertigverpackungen resultierende Täuschungen erfasse, nicht entgegen. Sie hindere nicht daran, darüberhinausgehende Irreführungen zu verfolgen, stelle also keine Privilegierung für den Vertreiber von Fertigverpackungen dar. Die Irreführung liege darin, dass dem „situationsadäquat aufmerksamen Durchschnittsverbraucher“ die Reduzierung der Füllmenge ohne weitere Aufklärung wegen der fast unveränderten Produktaufmachung entgehe. Allerdings beschränkte das Gericht das Verbot auf einen Zeitraum von drei Monaten seit dem letzten Vertrieb der 500 g – Variante. Die Wiederholungsgefahr sah das Gericht trotz der inzwischen vergangenen Zeit als weiterhin bestehend an. Denn es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Beklagte die Produktumstellung erneut in einer täuschenden Weise durchführen könnte. Die Kosten des Rechtsstreits wurden – da der vzbv mit dem zeitlich unbegrenzten Antrag nicht durchgedrungen war – gegeneinander aufgehoben.
Hinweis: Das OLG Düsseldorf (Urteil vom 23.03.2023, Az. I-20 U 176/21) hatte ähnlich entschieden. Dort ging es um ein auf einer Internetseite veröffentlichtes Produktfoto einer Kosmetiktube, die eine nahezu vollständige Befüllung suggerierte. Das Gericht sah die Täuschung im Internet als nicht spürbar (§ 3a UWG) an. Anders wäre der Fall zu beurteilen, wenn dies im Ladenlokal erfolgt wäre. Überzeugend erscheint diese Differenzierung nicht. Denn auf der streitgegenständlichen Internetseite war ein Online-Kauf offenbar möglich gewesen. Eine klare Linie scheint es in der Rechtsprechung bislang nicht zu geben.