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Grundpreisangabepflicht für eBay-Mini-Galerien

Auch in sog. Mini-Galerien auf eBay muss gemäß § 2 PAngV der Grundpreis aufgeführt werden

Häufig sind im Internet Aussagen von Anwälten oder Institutionen, die zu rechtlichen Aspekten des Onlinehandels beraten, zu finden, wonach für sog. Mini-Galerien auf der Plattform eBay die PAngV nicht gelte, es müsse daher kein Grundpreis angegeben werden. Dazu wird dann regelmäßig eine Entscheidung des OLG Stuttgart (Urteil vom 15.02.2018, Az. 2 U 96/17) angeführt. Abgesehen davon, dass dieses Urteil möglicherweise gar nicht richtig ist, befasst es sich (in einem Vertragsstrafenverfahren) aber lediglich mit der Auslegung einer Unterlassungserklärung und nicht mit dem Umfang der gesetzlichen Verpflichtung aus § 2 PAngV. Nicht ansatzweise lässt sich dort eine Aussage finden, für Mini-Galerien würde die PAngV nicht gelten. Wie nachstehend noch weiter dargestellt wird, wird diese Entscheidung häufig nicht verstanden und/oder bewusst fehlinterpretiert.


Urteil des OLG Stuttgart

Aus den Entscheidungsgründen des Senats geht hervor, dass der dortige Beklagte sich mittels einer strafbewehrten Unterlassungserklärung gegenüber dem Kläger verpflichtet hatte, es „zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr im Fernabsatz auf der Handelsplattform eBay betreffend Dekorationstextilien Angebote zu veröffentlichen und/oder zu unterhalten, in denen in der an den Letztverbraucher gerichteten Werbung Waren in Fertigpackungen, und/oder in offenen Packungen und/oder als Verkaufseinheiten ohne Umhüllung nach Länge angeboten werden, ohne neben den Endpreis gleichzeitig auch den Preis je Mengeneinheit einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile (Grundpreis) in unmittelbarer Nähe des Endpreises anzugeben“. Der Kläger hatte die Unterlassungserklärung seiner Zeit so angenommen. Er stellte später fest, dass der Beklagte Waren auf der Plattform eBay, u. a. auch in Mini-Galerien, präsentierte, ohne dass in dieser der Grundpreis aufgeführt wurde. Die von dem Kläger geforderte Vertragsstrafe von 3.000,00 EUR zahlte der Beklagte nicht, so dass der Kläger diese einklagte. Das LG Rottweil wies die Klage in erster Instanz ab, die Berufung beim OLG Stuttgart blieb erfolglos.

Das OLG Stuttgart stellte zutreffend darauf ab, dass es auf die Auslegung (§§ 133, 157 BGB) des Unterlassungsvertrages ankomme. Da der Wortlaut der Unterlassungserklärung sich an der gesetzlichen Formulierung (§ 2 Abs. 1 S. 1 PAngV) orientierte, ergab sich für das Gericht das Auslegungsergebnis, „dass alle unter den gesetzlichen Begriff des Anbietens subsumierbaren Veröffentlichungen umfasst sind.“ Insofern legte das Gericht in richtlinienkonformer Auslegung (Art. 3 Abs. 4 RL 98/6; unter Berücksichtigung der Interpretation – „Aufforderung zum Kauf“ – durch den EuGH,  Urteil vom 07.07.2016, Az. C 476/14) zugunsten des Klägers den europarechtlichen Begriff zugrunde, wonach ein Angebot im Sinne des § 2 Abs. 1 S. 1 PAngV dann anzunehmen sei, wenn „der Verbraucher so viel über das Produkt und dessen Preis erfährt, dass er sich für den Kauf entscheiden kann“.

An Hand dieser Grundsätze kam das Gericht dann zu der Auffassung, die Mini-Galerien würden kein Angebot darstellen:

„Die Minigalerie enthält nicht alle notwendigen Merkmale, um den Kunden in die Lage zu versetzen, eine Kaufentscheidung zu treffen. Schon wegen der sehr geringen Größe ist nicht anzunehmen, dass ein Käufer alleine schon bei Ansicht dieser Galerie eine Kaufentscheidung treffen kann, sondern sich allenfalls durch den Link angelockt fühlt, weitere Informationen abzurufen. Allerdings ist, wenngleich sehr klein, ein Produktbild wiedergegeben und beispielsweise mit der Angabe „5m S… 30 cm… EUR 6,25 bis 6,25“ die Menge und der Preis erkennbar. Für den Adressaten ist jedoch nicht – schon gar nicht auf dem sehr kleinen Bild – ersichtlich, aus welchem Material das Produkt hergestellt ist oder welches Einsatzgebiet das Produkt (hier: das Dekorationsband) hat. Diese Informationen sind für ihn jedoch wesentlich und preisbestimmend. Damit bedarf es ergänzender Angaben, um das Geschäft zum Abschluss zu bringen.“

Da die Unterlassungserklärung nach Auffassung des OLG Stuttgart nicht über die Variante des „Anbietens“ hinausging, blieb es bei der Klageabweisung.

Der Kläger hatte scheinbar seine vorformulierte Unterlassungsforderung zu eng formuliert. Hätte er – wie das üblich ist – die Variante des Anbietens und auch der bloßen Preiswerbung (§ 2 Abs. 1 S. 2 PAngV) mit in den Unterlassungsvertrag aufnehmen zu lassen, hätte er den Prozess gewonnen. Denn Mini-Galerien, in denen der Gesamtpreis genannt wird, stellen unzweifelhaft Preiswerbung (§ 2 Abs. 1 S. 2 PAngV) dar (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 19.02.2020, Az. 15 U 57/19 – GRUR-RS 2020, 3130; LG Bochum, Urteil vom Urteil vom 29.10.2014, Az. 13 O 159/14; LG Hamburg, Beschluss vom 25.11.2014, Az. 416 HK O 179/14).

Ob die Auffassung des OLG Stuttgart, in der Mini-Galerie sei es nur zu einer Preiswerbung gekommen, so richtig ist, erscheint fraglich. Die Mini-Galerie ist letztendlich nur der ausführlichen Produktpräsentation des eBay-Verkäufers vorgeschaltet. Klickt der Nutzer auf das kleine Vorschaltbild, wird er unmittelbar zur diesbezüglichen Präsentation weitergeleitet. Diese stellt nach den eBay-AGB ein verbindliches Angebot des Händlers dar, das durch Einlegen des Produkts in den virtuellen Warenkorb und Versand der Warenkorbnachricht vom Verbraucher angenommen wird. Das AG Bad Iburg (dazu nachstehend) hat in einem ähnlichen Fall den gegenteiligen Standpunkt eingenommen und die Mini-Galerie auch bereits dem eBay-Angebot zugerechnet. Diese Auffassung erscheint auch zutreffend, da man ansonsten verschiedene Bestandteile einer Webseite jeweils rechtlich unterschiedlich bewerten würde. Würde die Mini-Galerie isoliert bei eBay stehen, wäre die Auffassung des OLG Stuttgart sicherlich zutreffend, aber sie ist stets mit dem ausführlichen Warenangebot verlinkt.


Urteil des OLG Düsseldorf

In einem Vertragsstrafeverfahren hat das OLG Düsseldorf in seinem Urteil vom 19.02.2020, Az. 15 U 57/1919 – GRUR-RS 2020, 3130, kürzlich festgestellt:

„So stellt das Landgericht zu Recht fest, dass die Darstellung in der „kleinen Galerie“ als Werbung anzusehen ist, in welcher bereits der Gesamtpreis gezeigt wird, und die mit dem eigentlichen Angebot auf der eBay-Seite verlinkt ist und ebenfalls als Angebot gewertet werden kann.“


Urteil des AG Bad Iburg

Im Falle des AG Bad Iburg (Urteil vom 11.11.2015, Az. 4 C 390/15, rechtskräftig) lautete der strafbewehrte Unterlassungsvertrag dahingehend „im geschäftlichen Verkehr mit dem Endverbraucher im Fernabsatz auf der Handelsplattform eBay betreffend Kosmetik Angebote zu veröffentlichen und/oder zu unterhalten, bei denen es sich um nach Volumen von 10 Milliliter und mehr angebotene und/oder beworbene Fertigpackungen handelt, für die nicht gleichzeitig der Preis je Mengeneinheit (Grundpreis) in unmittelbarer Nähe des Endpreises angegeben wird.“

In der Unterlassungserklärung hatten die Parteien eingangs nur auf „Angebote“ abgestellt, im weiteren Text dann aber auch die Variante „beworbene Fertigpackungen“ mit aufgenommen. Insofern hätte man hier zu dem Auslegungsergebnis kommen können, dass sowohl das Anbieten (§ 2 Abs. 1 S. 1 PAngV) als auch die Preiswerbung (§ 2 Abs. 1 S. 2 PAngV) erfasst sind. Das Gericht hat zu dieser Thematik keine Ausführungen gemacht. Es ging offenbar davon aus, dass es sich um „Angebote bei eBay“ handelte (von Angeboten in der „kleinen Galerieversion“ ausdrücklich ausgehend: AG Garmisch, Urteil vom 22.03.2016, Az. 7 C 407/15; AG Arnsberg, Urteil vom 17.04.2015, Az. 3 C 40/15; ebenso: KG Berlin, Beschluss vom 12.05.2016, Az. 5 W 22/16 – in einem Zwangsvollstreckungsverfahren).


Urteil des LG Deggendorf

Ein weiteres Mal hatte sich dann zuletzt das LG Deggendorf (Urteil vom 12.08.2020, Az. 1 HK O 4/20) mit der Thematik zu befassen. In diesem Fall ergab sich allerdings kein Problem mit der Auslegung des Unterlassungsvertrages. Der Kläger (ein nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG aktivlegitimierter Unternehmerverband) hatte mit den Beklagten nach vorangegangener Abmahnung einen strafbewehrten Unterlassungsvertrag dahingehend geschlossen, dass die Beklagten es zukünftig unterlassen, „im geschäftlichen Verkehr betreffend Garten- und / oder Terrassenbedarf Angebote zu veröffentlichen und / oder unter Angaben von Preisen zu werben und oder Angebote zw. Preiswerbung zu unterhalten, bei denen es sich um Volumen von 10 Milliliter und mehr angebotene und / oder beworbene Ware in Fertigpackungen, offenen Packungen oder Verkaufseinheiten ohne Umhüllung handelt, für die nicht gleichzeitig der Preis je Mengeneinheit (Grundpreis) und der Gesamtpreis jeweils unmissverständlich, klar erkennbar (in unmittelbarer Nähe) und gut lesbar angegeben werden.“ Der Kläger stellte später fest, dass die Beklagten in der „kleinen Galerieversion“ bei eBay Waren präsentierten, ohne den Grundpreis anzugeben. Nach erfolgloser Aufforderung klagte der Verband dann auf Zahlung einer Vertragsstrafe von 3.000,00 EUR. Die Beklagten beriefen sich u. a. darauf, dass laut dem OLG Stuttgart in Mini-Galerien die PAngV nicht gelten würde. Das LG Deggendorf hatte Gelegenheit, auf diese juristische Fehlinterpretation einzugehen:

„Dahinstehen kann dabei, ob es sich bei den Angaben in der „kleinen Galerieansicht“ überhaupt um Angebote im Rechtssinne handelt (verneinend: OLG Stuttgart, 15.2.2018 – 2 U 96/17, MMR 2019,55). Denn vorliegend haben die Beklagten sich nicht nur zur Unterlassung von Angeboten, sondern daneben ausdrücklich auch zur Unterlassung von bepreister Werbung (vgl. § 2 I S. 2 PAngV) ohne entsprechende Grundpreisangabe verpflichtet. Auch die Darstellung in der „kleinen Galerieansicht“ bei Ebay stellt aber jedenfalls Werbung dar. Somit haben die Beklagten auch gegen die von ihnen eingegangene Unterlassungsverpflichtung verstoßen.“


Fazit

Festzuhalten ist, dass kein Gericht jemals die These in die Welt gesetzt hat, die PAngV würde für eBay-Mini-Galerien nicht gelten. Warum insofern juristischer Unsinn publiziert wird, ist nicht verständlich. Ferner zeigen die aufgeführten Entscheidungen, dass es stets auf die Formulierungen im Unterlassungsvertrag, ggf. auf deren Auslegung, ankommt. Soweit eine Unterlassungserklärung die Variante der Preiswerbung (§ 2 Abs. 1 S. 2 PAngV) mit enthält, spielt es keine Rolle, ob darüber hinaus noch ein „Angebot“ vorliegt. Ein Unterlassungsgläubiger hat das Recht, eine umfassende Unterlassungsverpflichtung zu fordern, die kerngleiche Verstöße enthält. Dazu gehört auch die Variante der Preiswerbung. Wer sich auf eine verkürzte Unterlassungserklärung (wie im Falle des OLG Stuttgart) einlässt, muss mit den rechtlichen Risiken leben, die darin bestehen, dass es offenbar streitig ist, inwieweit eine „kleine Galerie“, die mit einem Angebot verlinkt ist, als Angebot oder als bloße Preiswerbung rechtlich zu bewerten ist.

RA + FA IT-Recht
Dr. Harald Schneider