Die Globalisierung bringt es mit sich, dass im geschäftlichen Verkehr zunehmend auch englisch-sprachige Begriffe oder Rechtstexte verwendet werden. Soweit es um Pflichtinformationen geht, war die Rechtsprechung bislang streng, da nicht von jedem Verbraucher erwartet werden kann, dass er englische Begriffe des Rechts- und Wirtschaftslebens versteht bzw. korrekt erfassen kann. Mit einem weiteren Fall englisch-sprachiger Produktinformationen hatte sich das OLG Düsseldorf, Urteil vom 20.04.2023, Az. I-20 U 183/22 zu befassen gehabt. Die Beklagte vertrieb im Sommer 2021 zumindest in einem Geschäft in Berlin ein für den Küchenbedarf bestimmtes Messer. Zur Garantie heißt es auf der Rückseite:
„This product carries a 25 year guarantee against defects in materials & workmanship under normal kitchen use. This does not affect your statutory rights“.
Der Kläger, ein qualifizierter Wirtschaftsverband, beanstandete dies als Verstoß betreffend die Darstellung der Garantiebedingungen, weil die Garantie nur auf Englisch näher erläutert werde und auch diese inhaltlich nicht ausreiche. Er hat nach vergeblicher Abmahnung beantragt, die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr für Messer mit der Angabe zu werben: „25 Year Guarantee“. Das LG verurteilte die Beklagte antragsgemäß. Die hiergegen von der Beklagten eingelegte Berufung vor dem OLG Düsseldorf blieb erfolglos. Das Berufungsgericht stützte seine Entscheidung darauf, dass in der Garantie weder die Anschrift des Garantiegebers noch die Art und Weise, wie die Garantie in Anspruch genommen werden kann und worauf sie gerichtet ist, genannt wurden. Daher liege der von der Vorinstanz angenommene Verstoß gegen § 312 a II BGB i.V.m. Art. 246 I Nr. 5 EGBGB (Pflicht zur Aufklärung über Garantien) insofern bereits vor.
Offen ließ das OLG Düsseldorf, ob der Verstoß gegen die vorgenannten Normen auch darin besteht, dass die Garantiebedingungen in englischer Sprache verfasst sind. Das Gericht wies dazu auf folgende Erwägungen hin: Die Bundesrepublik Deutschland hat (anders als bei anderen Vorschriften, beispielsweise § 2 I LMIV; § 4 I TextilKennzG) von der Möglichkeit des Art. 6 IV der RL 1944/EG bzw. Art. 17 IV RL (EU) 2019/771, eine bestimmte Sprache für die Garantiebedingungen festzulegen, keinen Gebrauch gemacht. Das Gleiche gilt von in Bezug auf die Möglichkeit des Art. 6 VII RL, für Informationspflichten bei Fernabsatz und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen eine bestimmte Sprache festzusetzen, abgesehen davon, dass es für im stationären Handel geschlossene Verträge an einem derartigen Vorbehalt fehlt. Dies habe dem Willen des Gesetzgebers des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes, der dies zu § 474 BGB-E ausdrücklich für nicht notwendig hielt und die Wahl einer anderen Sprache unter bestimmten Umständen für ausreichend hielt (BT-Drucks. 14/6040, S. 245/246). Als Beispiel nannte der Gesetzgeber bereits vor 20 Jahren einfach gehaltene Garantien, wobei er dabei auf den Adressatenkreis und den Inhalt der Garantie abstellte. Der Entwurf zum Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie (BT-Drucks. 17/12637) enthält weder zu Art. 246 EGBGB-E noch zu Art. 246 a EGBGB-E Ausführungen zur Sprache, zu Art. 246 a § 4 I EGBGB-E heißt es lediglich, dass die Aufklärung in klarer und verständlicher Sprache zu erfolgen habe, was angesichts der Differenzierung in Art. 6 RL (Abs. 1: „klar und verständlich“, Abs. 7: Vorbehalt für bestimmte Sprache) keine weitergehende Bedeutung hat. Einer näheren Erörterung dazu, ob der angesprochene Verkehrskreis die durchweg in einfachem Englisch gehaltenen Angaben im Allgemeinen verstehen wird bzw. ohne große Probleme im Ladenlokal sich Übersetzungen verschaffen kann, und ob hier möglicherweise von Bedeutung ist, dass der Garantietext nur bei dem englischen Text, nicht aber bei dem deutschen Text zu finden ist, bedurfte es nach Ansicht des OLG Düsseldorf wegen der bereits anderweitig festgestellten Unvollständigkeiten der Garantieinformation jedoch nicht.
Das Berufungsurteil lässt eine Tendenz erkennen, dass einfach gehaltene englisch-sprachige Rechtstexte u. U. noch „klar und verständlich“ sein könnte. Hierbei wird es sicherlich auf den Einzelfall und auf die Art und Bedeutung der Information ankommen. Derzeit ist davon abzuraten, Rechtstexte, die sich (auch) an deutsch-sprachige Verbraucher richten, in ausländischen Sprachen ganz oder teilweise abzufassen.
In einem ähnlichen Fall einer lebenslangen Garantie eines niederländischen Herstellers von Blumentöpfen, der über deutsche Garten- und Baumärkte vertrieb, hatte das LG Köln, Urteil vom 12.05.2023, Az. 81 O 8/23, Bericht der Wettbewerbszentrale, den englisch-sprachigen Begriff „Lifetime Warranty“, der in AGB des Herstellers als unangemessene Benachteiligung deutscher Verbraucher beanstandet (Verstoß gegen § 307 BGB). Suchten Verbraucher den Webauftritt des Herstellers auf, so konnten sie über ein „Reklamationsformular“ Probleme mit dem Produkt melden. Darunter waren über einen deutschsprachigen Link die AGB des Unternehmens abrufbar. In diesen AGB waren – allerdings in englischer Sprache – weitere Einzelheiten betreffend die „Lebenslange Garantie“ geregelt.
Weitere Hinweise in diesem Zusammenhang:
OLG Stuttgart (Urteil vom 18.10.2018, Az. 2 U 55/18): Textilkennzeichnung in englischer Sprache ist grundsätzlich wettbewerbswidrig,
KG Berlin (Urteil vom 08.04.2016, Az. 5 U 156/14): Das Gericht entschied, dass die Vorhaltung englisch-sprachiger AGB, die im Übrigen kein „Alltagsenglisch“, sondern „juristisches, vertragssprachliches und überhaupt kommerzielles Englisch“ aufwiesen, bei ansonsten deutscher Sprachausgestaltung der Website intransparent seien und den Verbrauchern treuwidrig benachteiligten. Sämtliche AGB-Regelungen seien daher nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam.