Der EuGH (Urteil vom 14.10.2021, Az. C-45/20 und C-46/20) hat strenge Fristen, die das deutsche Steuerrecht beim Vorsteuerabzug vorsieht, grundsätzlich für rechtmäßig erachtet. In den vorgenannten Verfahren ging es um Fälle, in denen ein Steuerpflichtiger sowohl als Unternehmer als auch als Verbraucher handelt, z. B. falls er als Unternehmer einen Gegenstand erwirbt, den er sowohl für private als auch für unternehmerische Zwecke nutzt. Insofern hatte der BFH dem EuGH Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt. In einem Fall hatte ein Gerüstbauunternehmer privat ein Einfamilienhaus bauen lassen, in dem er ein Arbeitszimmer als Büro für seinen Betrieb nutzen wollte. Von den 150 Quadratmetern Nutzfläche des Hauses entfielen 17 Quadratmeter auf das Arbeitszimmer. In dem Parallelfall hatte ein Steuerpflichtiger auf seinem privaten Wohnhaus eine Photovoltaikanlage installieren lassen, aus der er Strom auch in das öffentliche Netz einspeiste und als Unternehmer Strom lieferte. Die „Klassiker“ sind meist die zunächst im Privatvermögen erworbenen Fahrzeuge oder Immobilien, die später dann für unternehmerische Zwecke genutzt werden. Insofern besteht ein Wahlrecht, den Gegenstand dem Unternehmen vollständig, gar nicht oder nur teilweise zuzuordnen (Abschnitt 15.2c Abs. 2 UStAE). Vorausgesetzt wird allerdings, dass die unternehmerische Verwendung mindestens 10 % der geplanten Verwendung beträgt (§ 15 Abs. 1 S. 2 UStG). Der BFH (Urteile vom 07.07.2011, Az. V R 21/10 und V R 21/10) verlangte bislang, dass der Unternehmer die Zuordnung bis zum Ablauf der gesetzlichen Abgabefrist für die betreffende Steuererklärung (i. d. R. bis 31.07. des Folgejahres; für 2020 bis 31.10.2021) gegenüber der Finanzverwaltung dokumentieren muss (durch Abgabe der USt-Voranmeldung oder der Jahressteuererklärung mit vollem Vorsteuerabzug oder durch anderweitige Information). Andernfalls geht die Finanzverwaltung davon aus, dass der betreffende Gegenstand nicht dem Unternehmen zugeordnet wurde. Der Vorsteuerabzug geht dann endgültig verloren. Durch das Verfahren vor dem EuGH kamen Hoffnungen auf, aus die Anschaffungskosten nachträglich doch noch der Vorsteuer ziehen zu können. Das ist jetzt (wie bisher) leider doch nicht möglich. Der EuGH sieht die deutsche Praxis bei den praktizierten Fristen vor dem Hintergrund der Rechtssicherheit und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes als rechtmäßig an.
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