Rechtsprechung

BGH: Vorlage an den EuGH wegen Informationspflicht der Händler über Herstellergarantien

Nach Art. 246a § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 9 EGBGB hat der Unternehmer im Fernabsatz dem Verbraucher, bevor dieser seine Vertragserklärung abgibt, auch die Informationen betreffend „das Bestehen und die Bedingungen von … Garantien“ zur Verfügung zu stellen. Geklärt ist in der Rechtsprechung bislang Folgendes:

  • Erwähnt der Händler selbst eine Garantie, muss der Verbraucher zwingend informiert werden.
  • Besteht keine Garantie, bedarf es keiner Negativmitteilung.

Dies betrifft sowohl die Konstellation einer eigenen Garantie des Unternehmers als auch einer Herstellergarantie. In § 479 Abs. 1 BGB ist näher geregelt, welche Informationen dem Verbraucher zu erteilen sind.

Streitig beurteilt hat die Rechtsprechung bislang die Frage, ob ein Händler eine Herstellergarantie ganz unerwähnt lassen darf oder ob er sich beim Hersteller erkundigen muss, ob es dort Garantiezusagen gibt und welchen Inhalt diese haben. Dazu liegen zwei Verfahren beim BGH. In einem Fall (Beschluss vom 11.02.2021, Az. I ZR 241/19) geht es darum, dass der Händler auf ein Produktinformationsblatt des Herstellers verlinkt hatte, in dem das Wort „Garantie“ vorkam. Der BGH hat dieses Verfahren ausgesetzt und dem EuGH zur Vorabentscheidung Fragen vorgelegt dahingehend, ob Händler eine Informationsbeschaffungspflicht für Herstellergarantien haben:

„Der Bundesgerichtshof hat das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union drei Fragen zur Auslegung von Art. 6 Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 2011/83/EU über die Rechte der Verbraucher zur Vorabentscheidung vorgelegt. Diese Vorschrift wird durch § 312d Abs. 1 Satz 1 BGB und Art. 246a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 EGBGB nahezu gleichlautend in deutsches Recht umgesetzt. Zum einen soll durch den Gerichtshof der Europäischen Union geklärt werden, ob allein schon das bloße Bestehen einer Herstellergarantie die Informationspflicht nach Art. 6 Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 2011/83/EU auslöst oder – falls dem nicht so ist – die Informationspflicht durch die bloße Erwähnung einer Herstellergarantie im Angebot des Unternehmers ausgelöst wird oder dann, wenn die Erwähnung für den Verbraucher ohne weiteres erkennbar ist. Darüber hinaus ist fraglich, ob eine Informationspflicht auch besteht, wenn für den Verbraucher ohne weiteres ersichtlich ist, dass der Unternehmer nur Angaben des Herstellers zur Garantie zugänglich macht. Schließlich wird der Gerichtshof der Europäischen Union um Beantwortung der Frage gebeten, ob die nach Art. 6 Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 2011/83/EU erforderliche Information über das Bestehen und die Bedingungen einer Herstellergarantie dieselben Angaben enthalten muss wie eine Garantie nach Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 1999/44/EG zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter, oder ob weniger Angaben genügen. Die zuletzt genannte Bestimmung ist durch § 479 Abs. 1 BGB in deutsches Recht umgesetzt worden.“

Es gibt darüber hinaus noch ein weiteres Verfahren beim BGH (I ZR 72/20), das inzwischen ebenfalls wegen der Vorlage an den EuGH (in der anderen Sache) ausgesetzt worden ist. Dieser Fall betrifft das völlige Verschweigen einer (bestehenden) Herstellergarantie. Bis zur Entscheidung des EuGH, die laut statistischen Daten in ca. 15 Monaten zu erwarten ist, bleibt die Rechtslage betreffend die Pflicht der Händler, sich die Garantie-Informationen der Hersteller zu beschaffen und vollständig darüber zu informieren, weiterhin ungeklärt.