Ein qualifizierter Wirtschaftsverband (späterer Kläger) hatte den Betreiber von Lebensmittelgeschäften (spätere Beklagte) wegen Verstoßes gegen die Pflicht zur Grundpreisangabe erfolglos abgemahnt und sodann Unterlassungsklage vor dem LG Heilbronn erhoben. Konkret ging es um die fehlenden Grundpreisangaben für folgende in Regalen präsentierte Waren: 250 g Blaumohn, 500 ml Olivenöl sowie 200 g Paranüsse, jeweils in Fertigpackungen. Bei den Paranüssen fehlte die Preisauszeichnung überhaupt. Bezüglich des Blaumohns verteidigte sich die Beklagte damit, es habe sich um einen neuen Artikel im Sortiment gehandelt, ein Mitarbeiter habe das Nenngewicht versehentlich in ein falsches Feld der EDV eingetragen und so sei der Grundpreis auf dem Etikett nicht ausgedruckt worden. Im Übrigen hätte der Preis von 2,00 EUR (1,99 EUR) leicht im Kopf auf die Grundpreiseinheit von 1 kg hochgerechnet werden können. Bezüglich des Olivenöls trug die Beklagte vor, insofern hätten Kunden während der Pandemiezeit trotz der Mengenbegrenzung mehr Öl als zugelassen zur Kasse gebracht und hätten dann wieder Flaschen zurückstellen müssen. Dabei seien diese von den Kunden falsch in die Regale einsortiert worden. Bei den Paranüssen seien – so die Vermutung der Beklagten – die Preisschilder abgefallen oder von spielenden Kindern entfernt worden. Das LG Heilbronn (Urteil vom 23.02.2023, Az. 21 O 57/22 KfH) verurteilte die Beklagte antragsgemäß. Das Gericht führte aus, dass es sich bei den Grundpreisangaben um wesentliche Informationen im Sinne des § 5b Abs. 1 UWG handelt. Bei der großen Anzahl von Märkten, die von der Beklagten verwaltet werden und angesichts der Vielzahl von Artikeln und von Dritten herbeigeführter Umstände sei der Beklagten grundsätzlich eine Entlastungsmöglichkeit zu geben. Allerdings hätte die Beklagte hierfür darlegen und beweisen müssen, welche Maßnahmen Sie ergriffen hat, um Fehler zu vermeiden. Dies hätte auch dokumentiert werden müssen, z. B. betreffend den personellen Einsatz, die Kontrolldichte usw. Hierbei müsse auch der Einsatz effizienter EDV-Technik in Erwägung gezogen werden, um die Erfüllung aller Kontrollpflichten nachweisen zu können. Eine Mitwirkungspflicht des Kunden bei der Recherche nach dem Grundpreis lehnte das Gericht ab. Es sei nicht Aufgabe des Kunden, zur Ermittlung des Grundpreises einfache Rechenoperationen vorzunehmen. Damit lasse sich die gesetzliche Pflicht nicht „aushebeln“. Kaufentscheidungen seien meist Augenblicks-Entscheidungen und ein Kunde scheue in der Situation häufig jede lästige Mühewaltung.
You may also like
OLG Hamburg: „Arbeitsübersetzungen“ englisch-sprachiger Dokumente zunächst ausreichend
Sofern im Ausland ansässige Unternehmen gegen im Inland ansässige Personen Klage erheben, z. B. auf Basis von Urheber- oder...
Fair Commerce Initiative ohne Wirkung im Rechtsstreit
Zur Eindämmung von Abmahnungen hatte der Händlerbund eine Initiative „FairCommerce“ (www.fair-commerce.de) ins Leben gerufen.
EuGH: Verband zur Wahrung von Verbraucherinteressen kann Datenschutzverstöße verfolgen
Der EuGH (Urteil v. 28.04.2022, Az. C-319/20) hatte auf Vorlage des BGH über die Frage zu entscheiden gehabt, ob...